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HBO Datenbank - Bericht

Autor: Flöter, Jonas
Titel: Das Joachimsthalsche Gymnasium
Fürstenschule der Hohenzollern – Humanistisches Gymnasium – Bildungsstätte von Eliten
Erscheinungsjahr: 07/2007
E-mail: floeter@rz.uni-leipzig.de
zusätzl. Angaben zum Autor: Erziehungswissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig
Text des Beitrages:


Das Joachimsthalsche Gymnasium (Joachimsthal/Berlin/Templin) gehörte zu den bedeutendsten höheren Schulen in Preußen und Deutschland. Während ihm in der Vergangenheit in Fest- und Jubiläumsschriften durchaus Aufmerksamkeit geschenkt wurde, nahm das Gymnasium in der Forschung bisher keine herausragende Stellung ein. Der vierhundertste Jahrestag der Gründung des Joachimsthalschen Gymnasiums bot den Anlass, sich im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung diesem wenig beleuchteten Kapitel preußischer und deutscher Bildungsgeschichte zuzuwenden.

Am 24. August 1607 richtete der brandenburgische Kurfürst Joachim Friedrich die Fürstenschule der Hohenzollern ein und übernahm damit die Verwaltung und die Aufsicht über die Gelehrtenschule. Vorbild waren insbesondere die sächsischen Fürstenschulen in Grimma, Meißen und Schulpforte. Der Kurfürst stattete die Schule mit säkularisierten Klostergütern aus, die die wirtschaftliche Grundlage (in Form einer Stiftung) für die Unterhaltung der Schule bildeten. Im Alumnat wurden Knaben ab dem elften, später ab dem 13. Lebensjahr erzogen und im Geiste des Humanismus und ursprünglich der Wittenberger, später der reformierten Theologie für das Studium an der Landesuniversität Frankfurt an der Oder herangebildet. Mit diesem System wurde die Aufnahme und Ausbildung der Schüler von den finanziellen Verhältnissen der Eltern weitgehend unabhängig gemacht und die Idee der Auslese- und Leistungsschule etabliert. Das humanistische Bildungsideal mit seinem Schwerpunkt in den Alten Sprachen sowie das Bildungsziel, die schulischen Fundamente für spätere Theologen, Verwaltungsbeamte und Lehrer zu legen, blieben am Joachimsthalschen Gymnasium bis ins 20. Jahrhundert erhalten.
Nach der Zerstörung der Stadt und der Schule Joachimsthal im Dreißigjährigen Krieg verlegte 1649/50 der Große Kurfürst das Gymnasium nach Berlin und brachte es zeitweise im Schloss unter. Erst nach dem Umzug der Schule in die Gebäude in der Burgstraße/Heiligengeiststraße und dem Ausbau des Alumnats konnten ab 1717 wieder Alumnen in der Schule wohnen. Seither hatte das Joachimsthalsche Gymnasium seinen Charakter als ausschließliche Alumnatsschule verloren; Alumnats- und Stadtschüler, sogenannte Hospiten, wurden nun gleichzeitig unterrichtet. Mit der Verlegung des Gymnasiums nach Berlin war auch eine konfessionelle Neuorientierung verbunden. Von nun an galt die Fürstenschule der Hohenzollern als spezifische Bildungsstätte für Knaben reformierter Eltern.
Bis 1809 war das Gymnasium als einzige höhere Schule in Preußen der unmittelbar dem Landesherren unterstehenden Aufsichtbehörde, dem sogenannten Joachimsthalschen Schuldirektorium, unterstellt. Danach war das Aufsichtsrecht der Sektion des öffentlichen Unterrichts im Ministerium des Innern und 1817 dem Provinzialschulkollegium der Provinz Brandenburg übertragen worden. Wegen stetig steigender Schülerzahlen zog das Gymnasium 1880 nach Wilmersdorf und wegen finanziellen Schwierigkeiten 1912 nach Templin (Uckermark) um. An beiden Standorten wurde für die Schule eine eigene Kirchgemeinde eingerichtet.

Mit der Begründung der Weimarer Republik geriet das Gymnasium als Fürstenschule in die Kritik. Aus dem bisherigen Namen „Königlich Joachimsthalsches Gymnasium“ wurde „Königlich“ gestrichen und die Verwaltung des Stiftungsvermögens durch den preußischen Freistaat übernommen. Ungeachtet dieser Eingriffe konnte die Schule ihre relative Autonomie wahren.
Die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten löste einen erneuten Anpassungsdruck auf die Schule aus. Eine vollständige Vereinnahmung in die Strukturen des NS-Eliteschulsystems konnte bis 1944 jedoch verzögert werden. Das Joachimsthalsche Gymnasium galt in der SBZ/DDR als Ort bürgerlicher und nationalsozialistischer Eliten-Bildung. Das bildete 1956 für den Rat des Bezirkes Neubranden¬burg offenbar die Begründung, das Gymnasium und die Stiftung aufzulösen.

Auf der wissenschaftlichen Tagung in Berlin wurden zwei große Themenkomplexe diskutiert. Der erste Teil beschäftigte sich mit der Entwicklung des Joachimsthalschen Gymnasiums von der Reformation bis zu seinem Ende, Mitte des 20. Jahrhun¬derts. Dabei wurde für einzelne Perioden die Stellung der Schulen in den Städten Joachimsthal, Berlin und Templin sowie innerhalb der preußischen und deutschen Bildungslandschaft herausgearbeitet. Der zweite Teil war vergleichenden Studien gewidmet. Im Mittelpunkt dieser Beiträge standen die sächsischen Fürstenschulen und die Berliner Universität, deren Beziehungen, institutionelle Parallelen und strukturelle Unterschiede zum Joachimsthalschen Gymnasium beleuchtet wurden.
Der Leiter der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, Dr. Christian Ritzi, eröffnete die Tagung. Er unterstrich, dass es in der Bearbeitung der Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums darauf ankäme, alte Quellen neu zu lesen und neue Quellen zu erschließen. Dabei verwies er auf das Manuskript des Lehrers am Joachimicum, Bernhard Ludwig Becmann, „Nachrichten über das Joachimsthalsche Gymnasium“, das in den Wirren der Nachkriegszeit nach einigen Umwegen ins Berliner Schulmuseum (heute: Sammlung Kindheit und Jugend) gelangte und nun der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.
Den Einführungsvortrag unter dem Titel: „Das Joachimsthalsche Gymnasium in der deutschen Bildungslandschaft“ hielt Professor Dr. Heinz-Werner Wollersheim (Universität Leipzig). Ausgehend von der Frage, inwieweit Joachimsthal ein Locus amoenus in der Uckermark war, skizzierte er die Entwicklung und Profilierung des Gymnasiums vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Herr Wollersheim zeichnete die evangelischen Schulgründungen des 16. Jahrhunderts nach, ging dabei auf Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen, Johannes Sturm und Johannes Brenz ein und verwies auf die institutionellen Entwicklungen der Fürstenschulen in Sachsen und Thüringen, auf das jesuitische Schulwesen sowie die Ritterakademien. Die Gründung des Joachimsthalschen Gymnasiums habe unter einer doppelten Belastung bestanden: der neuen Bildungsorganisation im Zuge der Reformation und der anschließenden Konfessionalisierung. Abschließend wurden jene Einflüsse analysiert, die auf die Besonderheiten des Joachimsthalschen Gymnasiums einwirkten und dieses veränderten. Herr Wollersheim beschrieb diese als Normierungs-, Konsolidierungs- und Loyalitätsdruck.
Den Themenkomplex zur Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums eröffnete Dr. Agnes Winter (Humboldt Universität Berlin) mit ihrem Vortrag: „Das Joachimsthalsche Gymnasium im Zeitalter von Reformation und Konfessionalisierung“. Frau Winter zeichnete die Hintergründe der Einrichtung der Gelehrtenschule in Joachimsthal sowie ihre Wiederbegründung 1649/50 in Berlin nach. Darüber hinaus skizzierte sie die Administration und die ökonomischen Verhältnisse der Schule, umriss die Aufgaben des Gymnasiums im religiösen Leben der Stadt Berlin und zeichnete abschließend ein Bild von der ersten Säkularfeier 1707. Frau Winter konnte zeigen, dass sich die Schulordnung des Joachimsthalschen Gymnasiums an den Vorbildern der Landesschulen in Sachsen und Thüringen orientierte und vor allem, dass in der ersten Entwicklungsphase der Lehrkörper des Gymnasiums weitgehend philippistisch gesinnt war.
Im Mittelpunkt des Vortrages von Privatdozent Dr. Jonas Flöter (Universität Leipzig) „Widerstreit der Systeme. Die Reform des Joachimsthalschen Gymnasiums am Vorbild der Landesschule Pforta in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ stand die Tätigkeit des Rektors joachimicus August Meineke. Meineke war Absolvent der Landesschule Pforta und Schüler des Leipziger Klassischen Philologen Gottfried Herrmann. Mit seiner Berufung nach Berlin habe es von Anfang an im Kalkül des preußischen Unterrichtsministeriums und des Berliner Provinzialschulkollegiums gestanden, das Joachimsthalsche Gymnasium nach dem Vorbild Schulpfortes zu reformieren. Durch den Vergleich konnte Herr Flöter zeigen, dass die Aufnahmebedingungen, die Raumgestaltung und die organisatorische Struktur des Joachimsthalschen Alumnats auch tatsächlich in diesem Sinne umgestaltet wurden. Darüber hinaus bemühte sich Meineke, die methodische Vermittlung der Werke des klassischen Altertums im Sinne der sächsischen Fürstenschulen zu beeinflussen. Als Hermann-Schüler praktizierte Meineke bei der Bearbeitung antiker Texte hauptsächlich die linguistisch-textkritische Methode und vertrat so die mitteldeutsch-süddeutsche Variante des Neuhumanismus. Entsprechend berief Meineke Lehrer an das Joachimsthalsche Gymnasium, die diesem methodischen Konzept folgten.
In seinem Vortrag: „Schulgeschichte(n) in Templin. Das Joachimsthalsche Gymnasium 1912–1938“ arbeitete Privatdozent Dr. Frank Tosch (Universität Potsdam) die strukturellen Besonderheiten des Joachimicums im Vergleich zu anderen Schulen der Stadt Templin heraus. Dabei ging er speziell auf zwei Problemlagen ein. Die erste erkannte er im Fremdsprachenunterricht und seinen Folgen für die Typisierung des höheren Schulwesens Anfang des 20. Jahrhunderts. Hier beleuchtete er vor allem die Bedeutung des Englischunterrichts. Zweitens stellte Herr Tosch die klassisch-humanistische Gymnasialidee im Widerstreit zum strukturellen Mainstream und im Kontext mit lokalen Entwicklungen dar. Während sich im höheren Schulwesen der Provinz Brandenburg die Schultypen der Realgymnasien und der Oberrealschulen überwiegend durchsetzten, wurde 1932/33 das städtische Reform-Realgymnasium in Templin zugunsten des Joachimsthalschen Gymnasiums aufgegeben. Abschließend würdigte Herr Tosch die Lehrerpersönlichkeiten Rudolf Tobler und Gustav Lehmann.
Aus einem völlig anderen Blickwinkel beleuchtete Privatdozent Dr. Gerhard Kluchert (Universität Flensburg) die Joachimsthaler Schulentwicklung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Quellengrundlage seines Vortrags: „Das Joachimsthalsche Gymnasium im Spiegel der Schulrevision. Vom späten Kaiserreich bis in die frühe DDR“ bildeten die Jahres- und Revisionsberichte ehemaliger Schulen in Brandenburg. Sie geben Auskunft über die Entwicklung des Unterrichts, des Schullebens und der Lehrer an höheren Schulen. Im Zentrum seines Vortrags stand die Entwicklung des Joachimsthalschen Gymnasiums in der Zeit des Nationalsozialismus. Während die preußische Regierung in der Zeit der Weimarer Republik mit Gustav Kuhlmann einer Persönlichkeit mit republikanischer Gesinnung die Leitung des Gymnasiums übertrug, wurde nach 1933 dieser Trend umgekehrt und es setzte eine fortschreitende Nazifizierung des Schulkollegiums ein. Dies zeichnete Herr Kluchert beispielhaft an den Lehrern Kurt Person und Erich von Drygalski nach. Die nationalsozialistische Umgestaltung des Joachimsthalschen Gymnasiums sei unverkennbar gewesen, trat im Schulleben aber deutlicher zu Tage als im Unterricht. Herr Kluchert betonte, dass das Gymnasium kaum Chancen hatte, sich dem Zugriff der NSPAP zu entziehen. Die Ursache dafür sah er vor allem in der Struktur des Joachimicums als Alumnatsschule.
Auf schulinterne Konflikte innerhalb des Joachimsthalschen Gymnasiums (seit 1948 Landesschule Templin) nach Ende des Zweiten Weltkriegs ging Dr. Heinz Wegener (Berlin) in seinem Referat: „Der Kirchenkampf an der Landesschule Templin im Schuljahr 1950 und die Templiner Erklärung vom 9. November 1950“ ein. Herr Wegener zeichnete den Umbau des Joachimsthalschen Gymnasiums in die Landesschule Templin unter dem Rektorat von Arthur Scharmentke (SED) und der Berufung des Pfarrers Friedrich Dalmer als Provinzialpfarrer für die Landesschule nach. Nach der Gründung der DDR habe sich die parteipolitische Indoktrination der Lehrer und Schüler verschärft, was zu einer stärkeren Auseinandersetzung zwischen der SED-Schulleitung und der Evangelischen Kirche in Templin führte. Diese eskalierte durch die Tätigkeit der „Jungen Gemeinde“ und den Austritt von sechs Schülern aus der FDJ sowie durch die Konflikte um die Volkskammerwahl vom 15. Oktober 1950, die letztlich zur Entlassung dieser sechs Oberschüler aus der Landesschule Templin führten. Auf den Entlassungsbeschluss des Lehrerkollegiums antworteten die relegierten Schüler mit der „Templiner Erklärung vom 9. November 1950“, in der sie ihren FDJ-Austritt, ihre Wahlenthaltung und ihr Eintreten für Meinungsfreiheit sowohl mit der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 als auch mit ihrer christlichen Grundhaltung begründeten.
Aus der Perspektive des pädagogischen Raumes betrachteten Dr. Henning Schluß und Frau Stefanie Lachmann (beide Humboldt-Universität Berlin) die Templiner Schulanlage. In ihrem Vortrag: „Die Theodor Neubauer Fachhochschule. Eine Lehrerausbildungsstätte im Gebäude des Joachimsthalschen Gymnasiums zwischen Tradition, Traditionsabbruch und Traditionsneugründung“ gingen die Referenten der Frage nach, inwieweit das 1955 gegründete und in den Räumen der Landesschule Templin untergebrachte Institute für Lehrerbildung (IfL) durch die Geschichte und die Traditionen des Joachimsthalschen Gymnasiums beeinflusst war. Herr Schluß zeichnete ein plastisches Bild der vorhandenen Bausubstanz und rekonstruierte die vorgenommenen Umgestaltungen und Umbauten. Ein offensichtliches Beispiel für den Traditionsbruch war die Übermahlung des Aulagemäldes „Paulus predigt auf dem Areopag“. Auf der Grundlage von Befragungen ehemaliger Lehrer und Studierender am IfL konnte Frau Lachmann zeigen, dass die Traditionen des Joachimsthalschen Gymnasiums und der Landesschule Templin am Institut für Lehrerbildung kaum ein Rolle spielten. Lehrer und Studierende reflektierten oftmals erst im Nachhinein die historische Überlieferung des Ortes ihrer Ausbildung.

Der zweite Teil der Tagung war den Vergleichsperspektiven gewidmet. Frau Petra Dorfmüller (Landesschule Pforta) stellte die sächsischen Fürsten- und Landesschulen als Vorbild für vergleichbare Bildungsanstalten des 16. und 17. Jahrhunderts vor. In ihrem Referat: „Die sächsischen Fürsten- und Landesschulen als Modell für das Joachimsthalsche Gymnasium“ ging sie auf die sächsischen Schul- und Landesordnungen von 1543, 1580 und 1602 sowie die des Casimirianums in Coburg von 1605 ein. Dabei konnte sie zeigen, dass Kürfürst Joachim Friedrich keine der Schulordnungen übernommen hatte. Ungeachtet dessen habe es zwischen dem Joachimsthalschen Gymnasium und der Landesschule Pforta eine Reihe von Parallelen gegeben, denen die Referentin im Einzelnen nachging. Dabei wurde nach den Schulgründern, dem Zweck der Schulgründung, der wirtschaftlichen Fundierung der Schulen, dem Lehrpersonal, der Besoldung der Lehrer, den Frei- und Koststellensystemen, den Aufnahmealtern, den Stundenplänen, den Tagesabläufen, den Abgängen der Schüler und den vorgesetzten Behörden gefragt. Übereinstimmungen gab es beim Schulträger, im evangelisch-humanistischen Bildungsideal und im universitätsvorbereitenden Charakter der Schulen. Die Unterschiede lagen vor allem in der materiellen Ausstattung und in der konfessionellen Ausrichtung der beiden Landesschulen.
Privatdozent Dr. Hans-Christof Kraus (Universität Jena/Passau) ging in seinem Vortrag: „Das Joachimsthalsche Gymnasium und die Universität Berlin im 19. Jahrhundert“ auf die institutionellen und personellen Verbindungen beider Bildungseinrichtungen ein. Die enge Verbindung zwischen Joachimicum und Universität sei den Zeitgenossen bewusst und bekannt gewesen. Davon ausgehend stellte Herr Kraus die Frage, inwieweit die These des Sozialhistorikers Rudolf Stichweh von einer immer größeren Trennung zwischen höherer Schule und Universität tragfähig sei. Dazu untersuchte er eingangs das Verhältnis des Joachimsthalschen Gymnasiums zu den Wissenschaften, insbesondere zu den Geisteswissenschaften, und beleuchtete die wissenschaftlichen Karrieren der Lehrer Philipp Karl Buttmann, Carl Gottlob Zumpt und August Meineke sowie der Adjunkten Ernst Curtius, Wilhelm Wattenbach, Wilhelm Dilthey und Adolf Kirchhoff. Von den Schülern des Joachimsthalschen Gymnasiums wurden als Beispiele die Lebensläufe des Literaturwissenschaftlers Theodor Mundt und des Philologen Rudolf Köpke vorgestellt. Anhand dessen konnte sowohl in der wissenschaftlichen Arbeit als auch personell eine enge Verbundenheit zwischen Joachimicum und Universität aufgezeigt werden. Die Grundlage dafür sei die ausgezeichnete wissenschaftliche Bibliothek des Joachimsthalschen Gymnasiums gewesen. Am Joachimicum lasse sich die Stichweh-These, so Herr Kraus, nicht bestätigen.
Professor Dr. Klaus Norpoth (Münster) referierte abschließend über die „Vereinigung Alter Joachimsthaler“. Dabei zog er Vergleiche zur Altschülervereinigung der Landesschule Pforta, dem „Pförtner Bund“, und skizzierte die Rolle, die die „Vereinigung Alter Joachimsthaler“ 1937 bei den Bemühungen spielte, Ministerpräsident Hermann Göring als Prokurator des Gymnasiums zu gewinnen. Im Weiteren konzentrierte sich Herr Norpoth auf die Entwicklung der Vereinigung nach 1945 und ging auf die Unterstützung beim Aufbau der Evangelischen Landesschule zur Pforte in Meinerzhagen ein. Außerdem unterstrich er den bleibenden Wert, den die von der Vereinigung von 1928 bis 1944 herausgegebene Zeitschrift „Der Alte Joachimsthaler“ und die seit 1956 herausgegebene Zeitschrift „Alma Mater Joachimica“ darstellen.

Zum Abschluss des ersten Kolloquiumstages wurde die Ausstellung: „Dic Cur Hic. Sag, warum du hier bist. Joachimsthal – Berlin – Templin. 400 Jahre Joachimsthalsches Gymnasium“ eröffnet. Einleitende Worte sprachen der Leiter der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, Dr. Christian Ritzi, der Vorsitzende der „Vereinigung Alter Joachimsthaler“, Professor Dr. Klaus Norpoth, und Privatdozent Dr. Jonas Flöter, der die Ausstellung konzipierte. Anhand von historischem Fotomaterial bietet die Ausstellung einen Überblick über die Bau- und die Schulgeschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums von 1607 bis 1945. Sie ist bis zum 9. November 2007 in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung zu sehen.

Der interdisziplinäre und komparatistische Ansatz der Tagung zum Joachimsthalschen Gymnasium stellte sich als überaus produktiv heraus. Bildungshistoriker, Erziehungswissenschaftler und Historiker gingen auf die Entwicklungen der brandenburgischen Fürstenschule selbst ein und zogen Vergleiche zu Bildungseinrichtungen in anderen deutschen Staaten. Besondere Aufmerksamkeit galt den verbindenden Elementen zwischen Joachimsthalschen Gymnasium und Universität. Darüber hinaus führte die Tagung zu einem regen Austausch zwischen den Fachwissenschaftlern, die meist keine persönlichen Beziehungen zum Joachimsthalschen Gymnasium hatten, und ehemaligen Schülern, die in großer Zahl die Diskussionen an beiden Tagen bereicherten. Der Ertrag der Tagung wird in einem Tagungsband dokumentiert, der 2008 erscheinen soll.

weitere Angaben: Bericht über die wissenschaftliche Tagung vom 15./16. Juni 2007 in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, Berlin. Die Tagung wurde gefördert durch die „Vereinigung Alter Joachimsthaler“ e.V.
Schlagwörter: Bildungsgeschichte; Schulgeschichte; Gymnasialbildung; Joachimsthalsches Gymnasium (Berlin)
Eingetragen von: heinicke@bbf.dipf.de
Erfassungsdatum: 31. 07. 2007
Korrekturdatum: 31. 07. 2007