Text des Beitrages: |
Wenn, wie in einem FAZ-Artikel berichtet wird, die Preußen wussten
was an ihren Schulen geschah, dann können wir heute mit diesem Wissen
die Geschichte preußischer Schulen exakt rekonstruieren. Voraussetzung
ist, man findet die sog. Schulprogramme / Schulberichte, die die einzelnen
höheren Schulen (Gymnasien/Realschulen/höhere Bürgerschulen)
an die Aufsichtsbehörden (Provinzial-Schulkollegien) schicken mussten
und die auch unter den Schulen, Bibliotheken und Universitäten ausgetauscht
wurden. Bereits im August 1824 erließ das „Preußische Ministerium
der geistlichen, Unterichts- und Medicinalangelegenheiten“ ein „Circularrescript,
die Gymnasial-Prüfungsprogramme betreffend“, in welchem alle höheren
Lehranstalten verpflichtet wurden, einmal im Jahr ein Schulprogramm zu verfassen,
welches anschließend an das Ministerium, die örtlichen Konsistorien
und andere Schulen zu schicken waren. (aus: R. Mönch, Die Preußen
wussten noch…, F.A.Z. 15.11.2002 http://www.dipf.de/aktuelles/presse_preussen_faz_15112002.pdf)
Daraus ist in den folgenden Jahren ein Austauschdienst entstanden. Die in
Heftform gedruckten Programme waren ein Informationsfundus für Schüler,
Eltern, Lehrer, Universitäten, Bibliotheken und Behörden. Sie enthielten
Aussagen zum Kollegium, zur Schülerschaft, über die Abiturienten,
zu den Unterrichtsinhalten, den Erlassen, den Lektüren, über die
Schulbibliotheksbestände und zur Chronik des Schuljahres. Sie gaben
„dem Publicum Zeugnis vom inneren Charakter der Schule“ Bis 1872 enthielten
sie verpflichtend sog. wissenschaftliche Abhandlungen einzelner Kollegen
zu schul- oder unterrichtsrelevanten Themen. Es ist jedoch fraglich, inwieweit
der definierte Zweck erreicht wurde. Es gab zwar öffentliche Prüfungen
und Redeübungen an den höheren Schulen, ob aber die Schulschriften
auch den Schülern und Eltern zur Verfügung gestellt wurden oder
ob sie letztlich doch nur für den Austausch unter den Schulen und für
die Behörden gedruckt waren, müsste sicherlich untersucht werden.
Bei der Erstellung einer Schulgeschichte des Ostendorf-Gymnasiums im westfälischen
Lippstadt (1851 höhere Bürgerschule, 1856 Realschule, 1859 Realschule
1. Ordnung, 1883 Realgymnasium, 1899 Reformgymnasium mit Realschule, 1938
Oberschule, nach 1948 Gymnasium – benannt nach Julius Ostendorf, 1823–1877)
kann, wie die abschließende Auflistung zeigt, auf einen nahezu geschlossenen
Bestand der Lippstädter Schulprogramme zurückgegriffen werden.
Zudem wurde beim Abriss des Schulgebäudes von 1864 im Jahre 1969 eine
Registraturmappe gerettet mit der Beschriftung „Realgymnasium zu Lippstadt.
Registratur A 8 – Allgemeine Vorschriften über Abfassung und Einreichung
der Jahresschriften“, in der von der Schulleitung in der Zeit von Ostendorf
1855 über Aust bis Boesche1904 die Circularverordnungen
des Preußischen Ministeriums zum Schulprogrammwesen abgeheftet sind;
U.a. folgende:
“ Unter Bezugnahme auf die Circularverfügung vom 11ten Mai 1853, die
Programme der höheren Bürger- und Realschulen betreffend, veranlasse
ich die Königliche Regierung, (hier Arnsberg) die Direktoren derjenigen
Anstalten Ihres Ressorts von denen Programme uns gegeben wurden, dahin anzuweisen,
daß sie in Zukunft je 5 Exemplare unmittelbar an die Geheime Registratur
des Ministeriums einsenden. Es bedarf dabei keines Anschreibens, wohl aber,
der Controlle wegen, einer Anzeige, wenn das Programm etwa nicht hat erscheinen
können. – Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
Gez. v.Raumer“
„Da das Gymnasium zu Tübingen im Königreich Württemberg vom
laufenden Jahr ab dem Programm-Austausch-Verein beitritt, so sind künftig
von den für die ausländischen Gymnasien ect bestimmten Programme
167 Exemplare an die Geheime Registratur des geistlichen pp.. Minister einzusenden.
Wir bemerken hierbei zugleich, daß nach meiner Anzeige der vorgedachten
Geheimen Registratur die angeordnete direkte Einsendung von einzelnen der
Herren Direktoren nicht pünktlich, von anderen nicht unter Bezeichnung
der Herrschaftlichen Rubrik erfolgt ist. Wir verweisen dieserhalb zur Vermeidung
von Unannehmlichkeiten auf unsere Verfügung vom 24. April 1852 No. 1347
S. – Münster, den 6. August 1856 Königliches Provinzial-Schul-Collegium.“
„Zufolge Ministerial-Bestimmung weisen wir Ew. Wohlgeboren (so wurden die
Direktoren angeschrieben) an, fortan von denjenigen Schulprogrammen, deren
wissenschaftlichen Abhandlungen einen Theil der Geschichte Deutschlands oder
Preußens zum Gegenstand hat, bald nach deren Erscheinen ein Exemplar
an das Directorium der Königlichen Staats-Archive zu Berlin einzusenden.
- Münster, den 19 August 1856. Königliches Provinzial-Schul-Collegium.“
„Zufolge einer Circular-Verfügung vom November 1857 hat der Minister
der geistlichen pp. Angelegenheiten vorgeschrieben, daß auch in den
Programmen der Realschulen“ … die von den Abiturienten zu bearbeitenden Aufgaben
alljährlich mitgeteilt werden sollen.
Dies erging im März 1863 von Münster abschriftlich an den Herrn
Realschuldirektor Ostendorff (fälschlicher Weise mit zwei f geschrieben!)
Wohlgeboren zu Lippstadt, unter der AktenNo. 751 S
Die Lippstädter höhere Schule beteiligte sich gewissenhaft an der
Erstellung und am Austausch der Schulschriften. Für den Schulleiter
Julius Ostendorf, der die Geschicke der Schule von 1851 bis 1872 leitete,
waren die Schriften anfänglich auch ein Forum, um die steigende Qualität
und damit Qualifizierung der Schule vor der Stadt und der Schulauficht zu
dokumentieren. Bereits im ersten Programm 1855 erschienen von Dr. Edouard
Lottner zwei mathematisch-wissenschaftliche Abhandlungen: 1. Versuch einer
mathematischen Theorie des electrischen Residuums in der Leidener Flasche
und 2. Zur Theorie des Foucault´schen Pendelversuchs. Im zweiten Programm
1856 profilierte sich der Lehrer Uhlemann mit einer lateinischen Abhandlung
über eine griechische Partikel, 1857 folgte Ostendorfs Abhandlung über
Die Leibesübungen an der hiesigen Realschule, 1858 die biologische Abhandlung
von Dr. Hermann Müller, einem wissenschaftlichen Weggefährten von
Charles Darwin, Beitrag zur Flora von Lippstadt. Damit hatten alle ordentlichen
Lehrer des kleinen Kollegiums ihre Qualifikationen unter Beweis gestellt
und eine der Vorraussetzungen dafür geschaffen, dass die Lippstädter
Schule von der höheren Bürgerschule zu einer der vier Realschulen
I. Ordnung in der preußischen Provinz Westfalen aufstieg.
Allerdings fand nicht jeglicher wissenschaftlicher Eifer die Zustimmung aus
Berlin. So erreichte aus gegebenem Anlass den Lippstädter Schulleiter
ein Schreiben des Privinzial Schulkollegiums in Münster, worin 1866,
also 10 Jahre später, u.a. die lateinische Abhandlung von Uhlemann namentlich
eine Missbilligung erfuhr:
„An den Realschul-Director Herrn Ostendorf, Wohlgeboren zu Lippstadt, No.
382 S
Abschrift des vorstehenden Erlasses erhalten Ew. Wohlgeboren zur Kenntnißnahme
und Beachtung, sowie mit der Bemerkung, daß der Herr Cultus-Minister
es nicht hat billigen können, daß eine von den Realschulen der
Provinz vor einigen Jahren eine lateinische Abhandlung über eine griechische
Partikel, und noch im vorigen Jahre eine andere gleichfalls eine lateinische
Programm-Abhandlung veröffentlicht hat. Münster, den 27.
Januar 1866
Der beigefügte entsprechende Erlass aus Berlin lautete: „ Bei der im
Jahre 1824 für die Gymnasien getroffenen allgemeinen Anordnungen der
Herausgabe jährlicher Programme gehört es zu der ausgesprochenen
Bestimmung solcher Schulschriften, ein näheres Verhältniß
der Schule auch zu den Eltern der Schüler sowie zu dem größeren
Publikum anzubahnen, und bei demselben eine Erhöhung der Theilnahme
an den öffentlichen Bildungsanstalten zu bewirken. Auch die den Schulschriften
voranzuschickenden Abhandlungen sollten deshalb einem …angehören,
welches ein allgemeines Interesse mindestens der gebildeten Stände wie
öffenlichen Unterricht in Anspruch nimmt. Die Realschulen haben,
indem sie ihrer Bestimmung gemäß dem öffentlichen Leben und
den praktischen Berufsspähren näher stehen als die Gymnasien, ganz
besonders die Pflicht, den im Obigen angedeuteten Zusammenhang festzuhalten
und zu pflegen. Nach den bisherigen Wahrnehmungen fehlt noch viel, daß
diese Pflicht überall richtig gewürdigt und befolgt würde.
Wie in der Behandlung einzelner Unterrichtsgegenstände, namentlich des
Lateinischen und der Geschichte, bei manchen Realschulen eine klare Erkenntniß
der Unterschiede zwischen Gymnasium und Realschule noch vermißt wird,
so tragen auch viele Realschulprgramme noch völlig gymnasiales Gepräge:
sie nehmen in den vorausgeschickten Abhandlungen auf den Character der Schule
und auf das Publicum, für welches diese in die Öffentlichkeit ausgehenden
Zeugnisse vom inneren Leben der Schule vorzugsweise bestimmt sind, keine
Rücksicht, und können somit nicht dazu dienen, eine nähere
Verbindung zwischen Schule und Haus herstellen.
Die in der Unterrichts- und Prüfungsordnung vom 6. October 1859 über
die Programme enthaltenen Bestimmungen werden dabei ungehöriger Weise
unbeachtet gelassen. Ich veranlasse das Königliche Provinzial-Schul-Collegium,
diesem Gegenstande für die Realschulen seines Ressorts eine verstärkte
Aufmerksamkeit zuzuwenden und in Zukunft namentlich nicht zu gestatten, daß
die Abhandlungen der Realschul-Programme lateinisch abgefaßt werden
oder philosophische Detailuntersuchungen und dergl. mehr zum Gegenstand haben.
Wissenschaftliche Arbeiten solcher Art zu veröffentlichen kann es den
Verfassern an anderweitiger Gelegenheit nicht fehlen; das Realschulprogramm
ist, so schätzbar die Arbeiten an sich sein mögen, nicht der Ort
dazu. Eben so wenig kann es einem Lehrer an Gegenständen fehlen, die
für den vorher angedeuteten Zweck der Programme geeignet sind. Das Gebiet
der Geschichte und der Literatur, der Natur und der Kunst bieten unerschöpflichen
Stoff dar; nur die Ehre, die Wissenschaft zu popularisiren, sollte der Einsicht
weichen, daß diese auf die rechte Weise zu thun auch ein Verdienst
und eine Kunst ist. In vielen Fällen würde passenden Mittheilungen
aus der Geschichte des betreffenden Landestheils, der Stadt und der Schule
selbst ein allgemeines Interesse entgegenkommen. Nicht selten werden es ferner
die besonderen Verhältnisse einer Schule wünschenswerth machen,
daß eine auf den Unterricht oder die practische Pädagogik bezügliche
Frage eingehend behandelt werde, um auf diesem Wege zu einer Verständigung
der Betheiligten beizutragen.
Ich wünsche, daß sowohl der Departements-Rath des Königlichen
Provinzial-Schul-Collegiums, wie die Directoren der einzelnen Anstalten es
sich angelegen sein lassen, nach diesen Gesichtspunkten mehr und mehr auf
die Wahl geeigneter Gegenstände für die Realschulprogramme hinzuwirken
und dadurch den Nutzen derselben zu erhöhen.
Berlin, den 17. Januar 1866; in Vertretung gez. Lehnart; U 853
Bei der Untersuchung der Lippstädter Programme erkennt man, dass bis
auf diesen einen Fall die Gegenstände / Themen der Abhandlungen richtlinienkonform
waren. Im ersten Teil wurde, so oft es der Schuletat zuließ, eine Abhandlung
veröffentlicht und die anschließenden Schulnachrichten waren nach
dem vorgeschriebenen Schema aufgebaut:
I. Lehrverfassung;
A. Lehrplan für das Schuljahr;
a. Allgemeiner Lehrplan; b. Verteilung der Fächer
auf die einzelnen Lehrer
c. Spezieller Lehrplan der Klassen
B. Übersicht über die erlassenen Verfügungen von allgemeinem
Interesse
II. Chronik der verflossenen Schuljahres
III. Statistische Nachrichten
A. Curatorium und Lehrer-Kollegium der Anstalt
B. Frequenz der Anstalt / Namen der Abiturienten
C. Stand des Lehrapparates
D. Etat der Anstalt
IV. Stiftungen der Schule
V. Besondere Mitteilungen an die Eltern
In gewissen Abständen folgte am Schluss ein alphabetisches Verzeichnis
der Schüler. 1914 erschien die letzte wissenschaftliche Abhandlung in
den Lippstädter Programmen: „Licht über die Vorgeschichte des Krieges
1870/71“ von Prof. Dr. Hesselbarth.
Im oben zitierten Schreiben vom 17. Januar 1866 aus Berlin wird jedoch ein
Weiteres deutlich, nämlich die Auseinandersetzung unter den höheren
Schulen, speziell den Realschulen I. Ordnung und den Gymnasien, die in der
Literatur als sog. Berechtigungsstreit oder Schulstreit beschrieben wird.
An manchen Stellen findet man sogar den unpassenden Begriff des Schulkriegs.
In diesem Berechtigungsstreit ging es um die Bewertung der Abschlüsse
und die dementsprechenden Berufs-, bzw. Studienzulassungen. Auf diesem Gebiet
profilierte sich Julius Ostendorf sehr frühzeitig und wurde während
seiner Düsseldorfer Jahre (1872-1877) 1873 zur Schulkonferenz
über das höhere preußische Bildungswesen vom Minister Falk
nach Berlin eingeladen. Von den Realschulmännern wurde 1874 Ostendorfs
Wahl in das Preußische Abgeordnetenhaus für den Wahlkreis Bielefeld
betrieben.
Viele Schulleiter zeigten indes, dass das Programmwesen für sie wohl
eine Zumutung bedeutete, denn 1863 kam aus Berlin eine ebenfalls deutlich
reglementierende Circularverordnung:
„Die nicht geringe Arbeit, welche der Programmenaustausch für die Centralbehörde
mit sich bringt, wird dadurch außerordentlich erschwert und vermehrt,
daß viele Directoren die für die jährliche Einsendung der
Programme getroffenen Anordnungen unbeachtet lassen. Die in dieser Beziehung
in jedem Jahr trotz wiederholter Erinnerung sich erneuernden Vernachlässigungen
beweisen, daß es den betreffenden Directoren an Sinn für Ordnung
und Correctheit in dergleichen äußerlichen Amtgeschäfte fehlt.
Ich nehme deshalb Veranlassung, in Folgendem dasjenige zusammenzustellen,
was bei der Einsendung der Programme zu beachten ist…“ Es folgen in
9 Punkten exakte Anordnungen für das Erstellen und Versenden der Programme
mit der Androhung, dass bei Nichtbefolgen die Schulleiter Konsequenzen zu
erwarten haben.
Im Mai 1873 werden die Direktoren der höheren Lehranstalten davon in
Kenntnis gesetzt, dass sie doch bitte ein Exemplar ihrer bisherigen und zukünftigen
Programme an die von der Comenius-Stiftung in Leipzig gegründete pädagogische
Central-Bibliothek schicken mögen.
Der zeitliche und besonders materielle Aufwand für das sich ausweitetende
Programmwesen in Preußen führte zu Diskussionen, die in einer
im Oktober 1872 in Dresden abgehaltenen Konferenz deutscher Schulbeamter
gipfelten. Das Ergebnis: „Die mit dem Programmwesen nach der Ausdehnung,
die es allmählich erhalten hat, verbundenen Uebelstände sind wiederholt
Gegenstand von Verhandlungen gewesen.…In Berücksichtigung dieser Umstände
wurden diesseits für die künftige Einrichtung folgende Vorschläge
gemacht:“ (zusammengefasst)
- Die wissenschaftlichen Beigaben zu den vorgeschriebenen Schulnachrichten
sind kein Zwang mehr. Durch die Veröffentlichungen der Einrichtungen
und Verhältnisse der einzelnen Schulen in pädagogischen Zeitschriften
(z.B. dem Pädagogischen Archiv ) kann sich die Verbreitung der gedruckten
Schulnachrichten auf Interessierte und die betreffenden Behörden begrenzen.
- Die Programme mit wissenschaftlichen Abhandlungen werden über eine
buchhändlerische Kontrollstelle weiter verbreitet. Damit wird die Teubner´sche
Verlagsbuchhandlung in Leipzig betraut, die jedes Jahr ein fortlaufendes
Verzeichnis der wissenschaftlichen Abhandlungen veröffentlicht. Entsprechend
den danach eingehenden Bestellungen – auch von Seiten der Universitäten
und Bibliotheken – werden dann die Schulprogramme durch die jeweilige Schule
gedruckt, an die Teubner´sche Verlagsbuchhandlung geschickt und von
dort verteilt.
„Der vorstehende Plan erscheint für den ersten Augenblick sehr compliciert,
aber der Zweck, bei Beseitigung der bisherigen Uebelstände das Gute
der Sache zu erhalten, ist auf diesem Wege ohne Zweifel erreichbar; …Die
Mehrzahl der Gymnasien und Realschulen wird muthmaßlich in die Lage
kommen, hinfort viel weniger Exemplare der jährlichen Programme drucken
zu lassen, und dadurch eine Ersparniß zu machen. Die bisherige Ordnung,
nach welcher an die Schulbehörden des einzelnen Staates von den höheren
Lehranstalten desselben jedesmal gleich nach Erscheinen der Programme einige
Exemplare einzureichen sind, wird durch die neue Einrichtung nicht berührt.
Berlin, den 1. Juni 1874“
Andererseits kamen aber zusätzliche Wünsche nach diesen Programmen,
wie z.B. vom Oberprä-sidenten der Provinz Westfalen in einem Schreiben
vom 12. April 1878 an die Schulleiter der Provinz, u.a. auch an den Realschul-Direktor,
Herrn Dr. Aust, Wohlgeboren zu Lippstadt:
„Die Bibliothek des Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst besitzt
nur vereinzelte Exemplare der mit Abhandlungen ausgestatteten Programme der
höheren Lehranstalten hiesiger Provinz…. Es ist aber nicht zweifelhaft,
daß die Bibliothek nicht nur wesentlich vervollständigt und bereichert
wird, wenn derselben der große Schatz von Wissen und Forschung einverleibt
wird, welcher in den erwähnten Abhandlungen enthalten ist, sondern auch
die geeignete Stätte ist, an welcher dieser Schatz gemeinnützig
gemacht und vor der Vergessenheit geschützt wird….
Ew. Wohlgeboren ersuche ich daher ergebenst, sämmtliche Programme der
Ihnen untergebenen Anstalt, welche Abhandlungen enthalten, soweit Exemplare
noch vorhanden sind, direkt dem Vorstande des Vereins zusenden zu wollen
und mit dieser Zusendung auch künftig, sobald Programme jener Art erscheinen,
fortfahren zu wollen….“
Die in der Schulschriften-Sammlung des Lippstädter Stadtarchivs befindlichen
Exemplare fremder Schulprogramme erklären sich aus dem oben dargestellten
preußischen Programmwesen. Was das Provinzial-Schulkollegium in Münster
anbetrifft, so hat dieses die jährliche Schulberichte, die sich mit
der Zeit mehr und mehr zu statistischen Mitteilungen wandelten, bis 1971
eingefordert.
155 Jahre Ostendorf-Schulgeschichte stehen somit auf mehr als 3000 Seiten
zur Auswertung zur Verfügung, denn die erste Ausgabe von 1855 beschreibt
die Lippstädter höhere Schule ab 1850. Es fehlen lediglich die
Kriegsjahre in denen keine Berichte erstellt wurden, weil Papier ein kriegswichtiger
Rohstoff war. In diesen Fällen muss die Schulgeschichte aus den noch
vorhandenen Akten rekonstruiert werden. Gedruckt wurden die Lippstädter
Programme von 1855 bis 1930 von August Staats & Companie, Lippstadt;
Blassmann & Feige, Lippstadt; D. Bädecker, Essen; Aschendorff´sche
Buchdruckerei, Münster; E. Weinert´s Buchdruckerei, Lippstadt;
und E. Hegener, Lippstadt;
Übersicht der Jahresprogramme der Ostendorf – Schule in Lippstadt
und ihre Standorte:
1. Heimatmuseum Lippstadt
2. Stadtarchiv Akte SDc 71 / Ostendorf-Archiv Lippstadt
3. Universitätsbibliothek Münster
4. Privatbesitz W. Schulte Steinberg
5. Kopie im Schularchiv des Ostendorf-Gymnasiums
6. Staatsarchiv Münster
Jg. |
Jahr |
Inhalte |
Standort |
Seiten |
1 |
1855 |
2 mathem. Abhandlungen - von Lottner |
1; 2; 5 |
24 |
2 |
1856 |
Die höhere Bürgerschule zu Lippstadt
wurde zur Realschule erhoben / lateinische Abhandlung - von Uhlemann |
1; 2; 5 |
24 |
3 |
1857 |
u.a. Abhandlung über den Sport - von Ostendorf |
1; 2; 5 |
40 |
4 |
1858 |
u.a. biologische Abhandlung - von Dr. H. Müller |
1; 2; 5 |
49 |
5 |
1860 |
Die Realschule wurde zur Realschule I. Ordnung
erhoben / physik. Abhandlung - von Lottner |
1; 2; 5 |
44 |
6 |
1861 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
1; 2; 5 |
20 |
7 |
1862 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
1; 2; 5 |
16 |
8 |
1863 |
u.a. Lehrplan für das Fach Deutsch - von
Uhlemann |
1; 2; 5 |
65 |
9 |
1864 |
u.a. Lehrplan für das Fach Französisch
- von Ostendorf |
1; 2; 5 |
46 |
10 |
1865 |
u.a. Lehrplan für den naturwissenschaftlichen
Unterricht - von Lottner und Müller |
1; 2; 5 |
51 |
11 |
1866 |
u.a. neues Schulgebäude / Turnhalle / Schwimmplatz |
1; 2; 5 |
24 |
12 |
1867 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
1; 2; 5 |
15 |
13 |
1868 |
u.a. Lehrplan für Englisch - von Vilmar |
1; 2; 5 |
57 |
14 |
1869 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
1; 2; 5 |
24 |
15 |
1870/71 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
2; 3; 5 |
24 |
16 |
1872 |
Ostendorf wird nach Düsseldorf berufen |
2; 3; 5 |
21 |
17 |
1873 |
Über italienischen Schulunterricht - von
Dr. Schäfer/Direktor Dr. Aust |
2; 3; 5 |
19 |
18 |
1874 |
Der erste chemische Lehrgang - von Dr. H. Müller |
2; 3; 5 |
33 |
19 |
1875 |
Der evangelische Religionsunterricht - von Treutmann |
2; 3; 5 |
27 |
20 |
1876 |
Der naturwissenschaftliche Lehrplan zu Lippstadt
- von Dr. Müller |
2; 3; 5 |
36 |
21 |
1877 |
Ostendorf stirbt in Halle
französische Abhandlung - von Born |
2; 3; 4; 5 |
61 |
22 |
1878 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
2; 3; 5 |
16 |
23 |
1879 |
keine Abhandlung, u.a. aus Etatgründen! |
2; 3; 5 |
16 |
24 |
1880 |
Rede zum Sedanstag ? von Born |
2; 3; 4; 5 |
19 |
25 |
1881 |
Die Parabeln Jesu im Krist und Heliand ? von
Dr. Schulze Direktor Dr. Aust scheidet aus, Direktor Schröter folgt |
2; 3; 5 |
40 |
26 |
1882 |
Hist.- krit. Untersuchung zu Livius ? von Hesselbarth |
2; 3; 4; 5 |
44 |
27 |
1883 |
Realschule 1. Ordnung zum Realgymnasium erhoben |
2; 3; 5 |
26 |
28 |
1884 |
über den franz./engl. Unterricht / Tod
Dr. H. Müller in Tirol |
2; 3; 4; 5 |
36 |
29 |
1885 |
Abhandlung über die Mineralogie ? von Steinbrinck |
2; 3; 5 |
36 |
30 |
1886 |
Lehrplan-Entwurf für Zeichnen ? von Höke |
2; 3; 5 |
33 |
31 |
1887 |
Beispiel der Festigkeitslehre ? von Lottner |
2; 3; 5 |
27 |
32 |
1888 |
Kants kategorischer Imperativ ? von Dr. KoppelmannTod
Prof. Dr. Lottner |
2; 3; 4; 5 |
38 |
33 |
1889 |
Die Geschichte des Gymnasiums in Lp ? von Hesselbarth |
2; 3; 5 |
27 |
34 |
1890 |
Zur Geschichte Lippstadts im 17./18. Jhd. ?
von Hesselbarth |
2; 3; 5 |
32 |
35 |
1891 |
Abhandlung über das Zeichnen ? von
Höke |
2; 3; 4; 5 |
32 |
36 |
1892 |
keine Abhandlung |
2; 3; 5 |
19 |
37 |
1893 |
?Durch das Britische Reich? ? von Dr. Schürmann
|
2; 3; 4; 5 |
38 |
38 |
1894 |
Darstellung der Sittenlehre Jesu ? von Dr. Koppeklmann
neuer Direktor Dr. Schirmer |
2; 3; 5 |
39 |
39 |
1895 |
u.a. zur Neugestaltung der Schule |
2; 3; 4; 5 |
31 |
40 |
1896 |
keine Abhandlung |
2; 3; 4; 5 |
17 |
41 |
1897 |
keine Abhandlung |
2; 3; 4; 5 |
18 |
42 |
1898 |
Einführung von Direktor Boesche |
2; 3; 5 |
31 |
43 |
1899 |
Die Schule wird zur Reformschule ernannt (Realgymnasium
und Realschule) u.a. Bismarck-Gedenkrede ? von Prof. Dr. E. Aust |
2; 3; 5 |
33 |
44 |
1900 |
u.a. Anmerkungen zum 50. Jubiläum (S.18/19) |
2; 3; 4; 5 |
27 |
45 |
1901 |
u.a. zur Jubelfeier (S.18/19) |
2; 3; 5 |
30 |
46 |
1902 |
u.a. Rückblick auf die Jubelfeier (S.18/19) |
2; 3; 4; 5 |
27 |
47 |
1903 a |
Lippstädter Häuserbesitz in früheren
Zeiten ? von Hesselbarth |
2; 3; 5 |
32 |
|
1903 b |
Bericht der Schule vom Direktor |
2; 5 |
25 |
48 |
1904 |
keine Abhandlung |
2; 3; 5; 6 |
29 |
49 |
1905 |
u.a. Begründung der Franz Fieseler-Stiftung |
2; 3; 5; 6 |
29 |
50 |
1906 |
u.a. Zur Kaiserfeier: Deutsche Helden ? von
Dr. Merten |
2; 3; 5; 6 |
29 |
51 |
1907 |
hemaligentreffen 1906 / Namensgebung ?Ostendorf-Schule? |
2; 3; 5; 6 |
36 |
52 |
1908 |
u.a. lateinische Syntax für Reformgymnasien
? von Prof. Dr. Hesselbarth und Prof. Wibbe Bericht zur Namensgebung ?Ostendorf-Schule?
(S. 14/15) |
2; 3; 5; 6 |
22 |
53 |
1909 |
keine Abhandlung |
2; 3; 5; 6 |
21 |
54 |
1910 |
keine Abhandlung |
2; 3; 5; 6 |
21 |
55 |
1911 |
keine Abhandlung |
2; 3; 5; 6 |
24 |
56 |
1912 |
keine Abhandlung |
2; 3; 4; 5; 6 |
22 |
57 |
1913 |
Prof. Dr. Hesselbarth kom. Schulleiter Rauschenberger
wird neuer Direktor |
2; 3; 4; 5 |
24 |
58 |
1914 |
u.a. Licht über die Vorgeschichte des Krieges
1870/71 - von Prof. Dr. Hesselbarth |
2; 3; 4; 5 |
29 |
59 |
1915 |
u.a. Kriegsnachrichten ? Prof. Ripke stellv.
Schulleiter |
2; 3; 4; 5 |
25 |
60 |
1916 |
fehlt |
|
|
61 |
1917 |
fehlt |
|
|
62 |
1918 |
fehlt |
|
|
63 |
1919 |
fehlt |
|
|
64 |
1920 |
fehlt |
|
|
65 |
1921 |
Rauschenberger im Oktober 1920 aus russ. Kriegsgefangenschaft
zurück ? er übernimmt 1921 wieder die Schulleitung |
5; 6 |
20 |
66 |
1922 |
fehlt |
|
|
67 |
1923 |
nur Schulnachrichten |
6 |
|
68 |
1924 |
nur Schulnachrichten |
2; 3; 5; 6 |
|
69 |
1925 |
nur Schulnachrichten |
2; 3; 5; 6 |
22 |
70 |
1926 |
nur Schulnachrichten |
2; 3; 5; 6 |
31 |
71 |
1927 |
Alert übernimmt die Schulleitung |
2; 3; 5; 6 |
24 |
72 |
1928 |
nur Schulnachrichten |
2; 3; 5; 6 |
26 |
73 |
1929 |
nur Schulnachrichten |
2; 3; 5 |
28 |
74 |
1930 |
Die Schulberichte erscheinen nicht mehr in gedruckter
Form sondern werden von nun an mit Schreibmaschine geschrieben |
2; 5; 6 |
30 |
75 |
1931 |
nur Schulnachrichten |
2; 5; 6 |
30 |
76 |
1932 |
nur Schulnachrichten |
2; 5; 6 |
16 |
77 |
1933 |
ach Direktor Alert stellvert. Direktor Galle |
2; 5; 6 |
22 |
78 |
1934 |
Direktor Müller übernimmt die Amtsgeschäfte |
2; 5; 6; |
19 |
79 |
1935 |
nur Schulnachrichten |
2; 5; 6; |
24 |
80 |
1936/37 |
nur Schulnachrichten |
2; 5; 6 |
28 |
81 |
1937/38 |
Realgymnasium mit Realschule wird Oberschule
|
2; 5; 6 |
27 |
82 |
1938/39 |
Lützenberger kom. Schulleiter |
2; 5; 6 |
14 |
83 |
1939/40 |
Schulleiter Lützenberger, ab 1.9.39 stellvertretend
Galle |
2; 5; 6 |
19 |
84 |
1940/41 |
Schulleiter Galle |
5; 6 |
22 |
85 |
1941/42 |
fehlt - im Staatsarchiv Münster befand
sich dafür der Jahresplan der Oberschule für Mädchen in Lippstadt
|
|
|
86 |
1943 |
fehlt |
|
|
87 |
1944 |
fehlt |
|
|
88 |
1945 |
fehlt |
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|
89 |
1946/47 |
Dr. Johnen wird als Schulleiter eingesetzt ?
Das Ostendorf-Schulgebäude wird als ?polnische Schule? konfisziert |
5; 6 |
9 |
90 |
1948/49 |
nur Schulnachrichten |
5; 6 |
10 |
91 |
1950/51 |
W. Strothenke wird Schulleiter |
5; 6 |
9 |
92 |
1951/52 |
nur Schulnachrichten |
5; 6 |
7 |
93 |
1954/55 |
nur Schulnachrichten |
5; 6 |
2 |
94 |
1955/56 |
Dr. Otto Just wird Schulleiter |
2; 5 |
2 |
95 |
1956/57 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
11 |
96 |
1957/58 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
11 |
97 |
1958/59 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
13 |
98 |
1959/60 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
17 |
99 |
1960/61 |
H. Gries (stellvertr. Direktor) |
2; 5 |
16 |
100 |
1961/62 |
Dr. M. Hellweg |
2; 5 |
21 |
101 |
1963 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
29 |
102 |
1964 |
?schriftl. Rüge? von Münster wegen
Nichteinhaltung der Richtlinien in einigen Fächern |
2; 5 |
22 |
103 |
1965 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
21 |
104 |
1966 |
Kurzschuljahr / Jg. 104/2
Schuljahr 1966/67 |
2; 5 |
23/22 |
105 |
1967 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
17/25 |
106 |
1968 |
nur Schulnachrichten |
2; 5 |
23 |
107 |
1969 |
Dr. M. Hellweg wird Schulleiter ? Abriss des
Ostendorf-Schulgebäudes von 1864 |
2; 5 |
13 |
108 |
1970 |
G. Pagenkemper kom. Schulleiter |
2; 5 |
21 |
109 |
1971 |
H. Burmann wird Schulleiter |
2; 5 |
22 |
Ab 1972 wurden die Jahresberichte der Schule von der Schulaufsicht in der
alten Form nicht mehr eingefordert. Es erscheinen statt dessen im Namen des
Vereins der Freunde und Förderer des Ostendorf-Gymnasiums Jahreshefte
für die Mitglieder des Vereins. Dies ist geübte Praxis bis heute.
Seit 2002/2003 veröffentlicht auch der Verein der Ehemaligen, „Ostendörfler“,
in dieser Schrift seine Beiträge zur Schulgeschichte.
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