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HBO Datenbank - Bericht

Autor: Basikow, Ursula
Titel: Das Revolutionsjahr 1848 im "Berliner Nachlass" Fröbels
Erscheinungsjahr: 1998
zusätzl. Angaben zum Autor: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
Text des Beitrages:   Das Revolutionsjahr 1848 im  "Berliner Nachlass" Froebels Von Ursula Basikow   
1. Zur Bestandsgeschichte 

Der Nachlass Friedrich FROEBELS ist bereits wenige Jahre nach FROEBELS Tod mehrfach zersplittert worden. Heute liegen drei Nachlassteile vor, der "Berliner", der "Keilhauer" und der "Blankenburger Nachlass". Die juengste und ausfuehrlichste Arbeit zur Geschichte des Froebelnachlasses stammt von Helmut HEILAND, der detailliert sowohl die Ursachen der Zersplitterung als auch den derzeitigen Zustand der drei grossen Nachlassteile beschreibt. 

Der "Berliner Nachlass", der eigentliche Nachlass FROEBELS, der vor allem Brief-entwuerfe und Werkmanuskripte enthaelt, liegt in der Bibliothek fuer Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts fuer Internationale Paedagogische Forschung in Berlin. Ebenfalls in Berlin befindet sich der "Keilhauer Nachlass", der in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek, Preussischer Kulturbesitz einzusehen ist. 

Der "Blankenburger Nachlass" gehoert seit der Museumseroeffnung im Jahre 1910 dem Friedrich-Froebel-Museum Bad Blankenburg. Seine wichtigsten Teile sind verfilmt worden und ergaenzen den "Berliner Nach- lass", so dass der groesste Teil des gesamten persoenlichen Archivbestan- des FROEBELS in der Bibliothek fuer Bildungsgeschichtliche Forschung entweder im Original oder als Filmkopie, erschlossen durch zwei Find- buecher, zur Verfuegung steht. 

2. Beispiele fuer die Beziehungen Froebels zur Maerzrevolution aus dem "Berliner Nachlass"  

Die Froebelforschung beschaeftigt sich eingehend mit den Einfluessen des Revolutionsjahres 1848 auf Froebel und sein Werk. Bekannt ist sein vielfach zitierter Brief an Friederike SCHMIDT vom 20. / 22. Maerz 1848, in dem FROEBEL die buergerliche Revolution als "des deutschen Volkes Fruehlingsmorgen" begruesst, ebenso wie jener an Karl HAGEN vom 17. Juli 1848, in dem er schreibt, dass er seit einem Menschenalter fuer die Republik und zu ihr hin erzogen habe. 

Neue Erkenntnisse zu FROEBELS Verhaeltnis zu einer Revolution der gesellschaftlichen Verhaeltnisse werden auf der Grundlage des inzwischen in der Froebelforschungsstelle der Duisburger Universitaet erschlossenen Briefmaterials in einem Vortrag von Helmut HEILAND erwartet. 

Auch im "Berliner Nachlass" befinden sich Dokumente aus FROEBELS Hand, aus denen hervorgeht, wie begeistert er die Maerzrevolution begruesst hat. So drueckt er z.B. seine Freude ueber die Teilnahme eines ehemaligen Schuelers, Wilhelm BAEHRING, in einem Text aus, der ver- mutlich als Entwurf fuer die Widmung in einem Exemplar der "Mutter- und Koselieder" gedacht war: 

"Dem wackern Mitkaempfer fuer deutsche Freiheit: 

Deutsches Recht, deutsche Sitte, deutsche Treue 
Deutsche Redlichkeit 
in den blutigen Tagen Berlins 
dem echt deutschen Juenglinge 
meinem braven Zoegling und wuerdigen Paten meiner verklaerten Gattin 
Wilhelm Baehring 
welcher durch die Tat bewies, dass die Ueberzeugung unseres hochher- zigen Dichters 

`denn setzet ihr nicht das Leben ein, 
nie wird euch das Leben gewonnen sein` 

auch die Seinige ist 
uebergibt dieses allen deutschen Frauen gewidmete Buch als Anerkennt- nis seiner Deutschsinnigkeit zum Geschenk fuer seine kuenftige geliebte Braut und Gattin sein gewesener stets treugesinnter Pflegevater Friedrich Froebel Keilhau, am 24. Fruehlingmonat 1848" 

In den Jahren vor und nach der Revolution war FROEBEL viel auf Reisen, um seine Ideen von der Kleinkindererziehung in Deutschland und darueberhinaus zu verbreiten. Von der Revolution erhoffte er sich wesentliche Reformen in der Bildung und damit im Zusammenhang eine breite Anerkennung und Verbreitung seiner Kindergaerten. Im "Berliner Nachlass" ist unter anderem ein umfangreicher Brief an Friedrich HOFMANN vom 16. Maerz 1848 erhalten, in dem FROEBEL Plaene fuer eine Erziehungsanstalt entwirft. 

Auch seine Bemuehungen um die Schaffung einer Musterbildungsanstalt fuer KindergaertnerInnen in Marienthal und um die Gruendung von oertlichen Vereinen zur Unterstuetzung von FROEBELS Bestrebungen sind im Bestand ueberliefert. 

Lehrerversammlungen in ganz Deutschland beschaeftigten sich nach der Revolution mit den Kindergaerten als einer notwendigen Vorbereitungsanstalt der Kinder auf den Eintritt in die Schule. Unterlagen verschiedener Lehrerversammlungen dokumentieren diese Bestrebungen. So heisst es z. B. im Protokoll der Konferenz abgeordneter Lehrer saemtlicher Dioecesen des Herzogtums Meiningen vom 24. Maerz 1848: "Die Kinder sollen erst mit dem 7ten Jahre in die Schule gefuehrt werden. Doch soll eine Vorbereitung durch Kleinstkinderschulen oder Kindergaerten (im Froebelschen Sinne) vorausgehen [...] Es moegen Veranstaltungen getroffen werden, um die Seminaristen mit der Einrichtung der Froebel`schen Kindergaerten bekannt zu machen." 

FROEBEL selbst beteiligte sich an der Organisation einer allgemeinen deutschen Lehrerversammlung in Rudolstadt fuer den 17. bis 19. August 1848. Von seinen Bemuehungen zeugen Rundschreiben, Einladungen und 
Anzeigen z. T. von Froebels Hand, z. B. der Entwurf eines Schreibens an den Minister von Pfordten in Dresden, das Verlaufsprotokoll der Lehrerversammlung, der Aufruf der Rudolstaedter Lehrerversammlung an die deutschen Regierungen und den Reichstag zu Frankfurt sowie Zeitungsberichte ueber die Versammlung. 

Auch Froebels Bemuehungen um die Ausbildung von Kindergaertnern und Kindergaertnerinnen waren in der nachrevolutionaeren Phase zunaechst erfolgreich. Gleichzeitig entstanden ueberall in Deutschland Kindergaerten, von denen im Nachlass zahlreiche Unterlagen sowie Zeitungs- und Zeitschriftenaufsaetze kuenden. Unter ihnen befindet sich u. a. ein Beitrag von Diesterweg: Der Kinderfreund in Bad Liebenstein. 

Um so haerter traf Froebel das gaenzlich unerwartet ueber ihn und sein Werk hereinbrechende Verbot der Kindergaerten in der Monarchie Preussen, das am 23. August 1851 veroeffentlicht wurde. Die scheinbare oder auch wirkliche Verwechslung mit dem Neffen Karl Froebel ist ja bekannt. Froebel ersuchte das preussische Unterrichtsministerium, seine Kindergartenpaedagogik eingehend zu ueberpruefen und das Verbot aufzuheben und wendet sich nach abschlaegigem Bescheid seitens des Ministeriums mit dieser Bitte auch an Friedrich Wilhelm IV. persoenlich. Im "Berliner Nachlass" ist der Entwurf seines Schreibens an den Koenig von Preussen erhalten. 

Froebel, schwer getroffen durch diesen Angriff auf sein Lebenswerk, stirbt 1852. Erst 1860 werden die Kindergaerten wieder zugelassen. 
 

Erfassungsdatum: 10. 06. 1999
Korrekturdatum: 02. 04. 2004