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HBO Datenbank - Rezension

Rezensent(in): Hopfner, Johanna
Rezensiertes Werk: Jonach, Michaela: Väterliche Ratschläge für bürgerliche Töchter. Frankfurt/M. u.a.: Lang, 1997. 224 S., ISBN 3-631-32373-5 ; Fuchs, Michaela:"Wie sollen wir unsere Kinder erziehen?": bürgerliche Kindererziehung im Spiegel der populärpädagogischen Erziehungsratgeber des 19. Jahrhunderts. Wien: Ed. Präsens, 1997. 140 S., ISBN 3-901126-78-3
Erscheinungsjahr: 1999
Text der Rezension:    

 


Jonach, Michaela: Väterliche Ratschläge für bürgerliche Töchter.  
Frankfurt/M., Berlin, Bern, New York, Paris, Wien: Lang 1997  
(Reihe: Aspekte pädagogischer Innovation hrsg. v. Erich Leitner).  
Br., 224 S., ISBN 3-631-32373-5, DM 65,-  

Fuchs, Michaela: "Wie sollen wir unsere Kinder erziehen?" Bürgerliche Kindererziehung im Spiegel der populärpädagogischen Erziehungsratgeber des 19. Jahrhunderts.  
Wien: Edition Praesens 1997.  
Br., 140 S., ISBN 3-901126-78-3, DM 40,70  
 

Rezensiert fuer HBO von  
Johanna Hopfner 
Universität Erlangen-Nürnberg  
 

Bürgerliche Ratgeber zwischen Ideal und Wirklichkeit  

Das neuzeitliche Erziehungsverständnis bewegt sich im Spannungsfeld zwischen aufgeklärter Emanzipation des Bürgertums und Phänomenen, für die Katharina Rutschky die griffige Formel "Schwarze Pädagogik" prägte. Speziell die Ratgeberliteratur ist geeignet, den Widersprüchen bürgerlicher Erziehung und Bildung auf die Spur zu kommen. Neben den Techniken der populären Aufbereitung und Verbreitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen bietet die Ratgeberliteratur mittelbar Einblicke in das Alltagsbewußtsein und die alltägliche Erziehungspraxis, deren Verbesserung Ratgeber anstreben. Der Kontrast zwischen dem bürgerlichen Selbstverständnis und den teilweise recht zweifelhaften Erziehungspraktiken fordert ebenso zur Analyse heraus wie die Konstruktionen einer weiblichen Sondernatur und die Widersprüche einer bedingten Emanzipation durch Bildung, die in Ratgebern zur Mädchenerziehung und Frauenbildung des 18. und frühen 19. Jahrhunderts offen zutage treten.  

Für Michaela Jonach und Michaela Fuchs gaben zweifellos die widersprüchlichen Konzeptionen bürgerlicher (Mädchen-)Erziehung den Anlaß zu einer eingehenden Beschäftigung mit der Epoche.  

Jonach interessiert besonders der "Beitrag", den die "Pädagogik zur Legitimation der Unterordnung der Frau im neuzeitlichen Geschlechterverhältnis" leistete (Jonach, 13). Diesen versucht sie, "anhand von Campes beispielhafter Schrift ["Väterlicher Rath für meine Tochter", J. H.] kritisch [zu] reflektieren" (ebd.). Sie beschränkt sich auf Deutschland im Zeitraum zwischen 1770 und 1800.  

Fuchs wendet sich den "normativen und (oftmals) stereotypen Muster[n]" (Fuchs, 12) zu, die Ratgeberliteratur für bürgerliche Erziehung "vorgibt" (ebd.) und konzentriert sich zeitlich auf die Jahre zwischen 1824 und 1899, räumlich ebenfalls auf Deutschland bzw. deutschsprachige Länder und inhaltlich vor allem auf sittlich-moralische Implikationen der Körpererziehung.  

Jonach und Fuchs bewegen sich bewußt im Bereich der diskursiven Begründung bzw. Legitimation von pädagogischen Konzepten und Maßnahmen, die in der damaligen Erziehungswirklichkeit nicht oder nur ungenügend zur Geltung kamen. Aus der Sicht der Ratgeber ist diese Wirklichkeit jedenfalls äußerst mangelhaft und sie leisten zum Teil einen erheblichen Argumentationsaufwand, um den Zielen zur Durchsetzung zu verhelfen. Beide Autorinnen entnehmen ihren Quellen deshalb in gewissem Umfang auch Auskünfte über die Erziehungswirklichkeit. Dies ist durchaus möglich, weil sich Ratgeber in der Regel von Auffassungen abgrenzen, die tatsächlich oder nur vermeintlich Gültigkeit besitzen und sich entsprechend in der Erziehungspraxis niederschlagen können.  

Jonach geht es zwar erklärtermaßen "nicht um die Realgeschichte weiblicher Bildung im späten 18. Jahrhundert", sondern um den "Diskurs um [über, J. H.] die Frauen- und Mädchenbildung". Aber weil sich die "Ideologien über `wahre Weiblichkeit` besonders gut" für die Durchsetzung der tatsächlichen "Unterwerfung der Frauen" eigneten, bleibe die "Grenze zwischen Realität und Imagination" durchaus "fließend" (Jonach, 12). Nach Fuchs handle es sich bei Erziehungsratgebern zwar "durchwegs" um "normatives Material", das aber dennoch teilweise oder zumindest indirekt über die Erziehungswirklichkeit Aufschluß geben könne (Fuchs, 12).  

Reizvoll ist für die Autorinnen das Wechselspiel zwischen Ideal bzw. Ideologie und Wirklichkeit, das in der Ratgeberliteratur zweifellos zum Tragen kommt. Allerdings sind beiden Autorinnen die Gefahren, die mit diesem Wechselspiel verbunden sind, nicht durchgängig bewußt. Sie unterliegen an manchen Stellen selbst der Versuchung, die in den Ratgebern formulierten Weiblichkeitsideologeme und bürgerlichen Ideale als bereits tatsächlich gültig anzusehen, obwohl sie gerade in der Phase der historischen Durchsetzung des Bürgertums weder unumstritten noch unmittelbar wirksam waren.  
 

Historische und pädagogische Grundlagen  

Beide Autorinnen versuchen zunächst, die historische Situation allgemein zu charakterisieren, in der sich das Bürgertum als eigenständige und gesellschaftlich maßgebliche Schicht etabliert bzw. konsolidiert. Sie setzen allerdings nicht nur verschiedene Schwerpunkte, sondern ihre Darstellungen der historischen Gegebenheiten unterscheiden sich sowohl im Blick auf den Informationsgehalt als auch im Reflexionsgrad erheblich.  

In dem Kapitel "Deutschland im ausgehenden 18. Jahrhundert: Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse" (Jonach, 29 ff) bietet Jonach eine differenzierte Darstellung der Besonderheit der deutschen Kulturnation (Jonach, 29-33) sowie der Herausbildung des Verwaltungsapparates im absolutistischen Staat (Jonach, 33-38) Dabei sieht sie mit Hans-Ulrich Wehler im deutschen Partikularismus eine Chance für jenes eigenartige "`System der Geistesfreiheit`" (Jonach, 33). Jonach beschränkt sich allerdings nicht allein auf den geistig-kulturellen Aspekt. Ausführlich schildert sie die wirtschaftliche Situation, die zugleich eine bevölkerungspolitisch motivierte und deshalb äußerst zwiespältige Wertschätzung der Frauen bzw. "der weiblichen Gebärfähigkeit" (Jonach, 39) einschloß. Sachlich und klar sind auch die Überlegungen zur sozialen Stellung des "`(Bildungs-) Bürgertum[s]`" in Öffentlichkeit und Privatheit (Jonach, 43ff). Inhaltliche Substanz gewinnt das Kapitel einerseits aus den bekannten Studien von Wehler, Vierhaus, Riedel, Herrmann, Giesen und andererseits aus der sozialhistorischen und pädagogischen Frauenforschung. Jonach zitiert entsprechende Positionen von Duden, Schmid, Frevert, Hausen oder Kersting und vereinigt sie zu einem Bild, das die ökonomische und soziale Lage des Bürgertums, den Geist der Zeit und die besondere Stellung der Frauen gleichermaßen wiedergibt.  

Mit dem Thema "Bürgerliche Kindererziehung im Spiegel der populärpädagogischen Erziehungsratgeber des 19. Jahrhunderts" hat sich Fuchs insgesamt viel ? für eine Diplomarbeit zweifellos zuviel ? vorgenommen. Sie nähert sich ihrem Gegenstand im allgemeinen Teil zunächst über Begriffsklärungen, die sie in Anlehnung an Kocka und andere Autoren der Bände "Bürgertum im 19. Jahrhundert" entwickelt (Fuchs, 19ff). Einigen knappen Ausführungen zum kulturellen Selbstverständnis des Bürgertums (Fuchs, 30 ff) folgt die Charakterisierung der "bürgerliche[n] Familie als Werkstatt der Erziehung". Um die einzelnen Positionen bzw. Funktionen von Mutter, Vater und Kind innerhalb der Familie und die ideologischen Leitbilder zu klären, stützt sich Fuchs vor allem auf die Studien von Rosenbaum, Sieder/Mitterauer, Hausen, Badinter, Schütze, Ariès/Duby. Ohne besondere Akzente zu setzen, präsentiert sie hinlänglich Bekanntes: die Entdeckung der Kindheit, den Übergang vom ganzen Haus zur Kernfamilie, die Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit, das bürgerliche Ehe- und Liebesideal und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in Familie und Erziehung (Fuchs, 34 ff). Zur Illustration streut Fuchs hier und da Passagen aus den populärpädagogischen Quellen ein, die jene Kernaussagen unterstreichen.  
Fuchs konzentriert sich in den einleitenden Kapiteln allein auf soziokulturelle Gegebenheiten, die Etablierung der bürgerlichen Familie und ideologische Aspekte von Bürgerlichkeit, ohne die wirtschaftlichen und politischen Grundlagen zu thematisieren. Dagegen ist Jonachs Darstellung, die zugleich als solide Grundlage für die Analyse der "väterlichen Ratschläge" dienen soll, sehr viel umfassender und reflektierter. Obwohl dies keineswegs beabsichtigt war, lassen sich diese Abschnitte als Ergänzung bzw. historische und substanzielle Fundierung der Studie von Fuchs lesen.  

Historisch aufschlußreich und grundlegend sind ebenfalls Jonachs weitgehend allgemein gehalten Ausführungen zur "Pädagogik der Philanthropen? (Jonach, 81-103). Jonach schildert knapp, aber präzise die wesentlichen Merkmale und die angestrebten bzw. durchgeführten pädagogischen Reformen sowie den "`pädagogischen Enthusiasmus`? (Jonach, 85) der philanthropischen Bewegung. Sie stützt sich dabei auf die Arbeiten von Blankertz, Herrmann, Kersting, Schmitt und Sünkel und kommt in diesem Kapitel über weite Strecken ohne explizite Reflexionen auf geschlechtsspezifische Differenzierungen aus. Obwohl Jonach ansonsten großen Wert auf die feministische Perspektive legt, tauchen die Mädchen zunächst nur in einer Fußnote auf (Jonach, 93).  

Das ist aber keineswegs zufällig, denn die widersprüchlichen Verlaufsformen der philanthropischen Theorie und Praxis sind für sich genommen - auch unabhängig vom Geschlecht - pädagogisch zumindest nicht unproblematisch. Dem "große[n] Ausmaß an Liberalisierung und Selbstkritik" der Philanthropen steht eine in ihren Reihen ebenfalls verbreitete Akzeptanz der "autoritären und restriktiven Strukturen" der ständischen Gesellschaft (Jonach, 92) gegenüber, die teilweise sogar in legitimatorische Plädoyers für äußerst fragwürdige Erziehungspraktiken mündet. Am Ende des Kapitels skizziert Jonach die verschiedenen Positionen, die Philanthropen zur weiblichen Bildung und insbesondere zur Einrichtung von Mädchenschulen einnahmen und charakterisiert knapp deren unterschiedliche Haltungen zu Rousseaus Weiblichkeitsbild, die vor allem in den Kommentaren zum fünften Buch des Emile im Band 15 der "Allgemeinen Revision" zum Ausdruck kommen (Jonach 98 ff).  
 

"Väterliche Frauenfeinde" oder akzeptierte Gesprächspartner?  

Es entspricht ihrer feministischen Intention, wenn sich Jonach eingangs von "falsche[m] Universalismus? (Jonach, 20) und der "Scheinneutralität? (Jonach, 21) distanziert, die nach Kaiser zum "Mythos der geschlechtsneutralen Bildungstheorie? und zur Leugnung der "allgemein-männlichen Ausrichtung dieser Theorien? (Jonach, 22) beigetragen hätten. Frauenforschung habe die Geschichte anders in den Blick zu nehmen, und Geschlecht - wie dies Mitte der 70er Jahre angeregt wurde - "als zentrale historisch-soziale Kategorie? in der wissenschaftlichen Analyse geltend zu machen (Jonach, 25). Wenn Jonach allerdings 20 Jahre später behauptet, Erkenntnisse der Sozialisationsforschung, die eine "naturhafte Konstanz? (Jonach, 27) von Geschlechtscharakteren in Frage stellen, würden im wissenschaftlichen Diskurs über die "Bildung der Frau? noch immer "nicht wahrgenommen? (Jonach, 26), so charakterisiert dies weniger den aktuellen Forschungsstand als ihre entschieden feministische Grundhaltung. Eine Haltung, die für die Wahl des Themas sicher ausschlaggebend war und die Zielrichtung der Auseinandersetzung mit Campe vorab im wesentlichen bestimmt. Jonach sieht in früheren Arbeiten die Bezüge zwischen Campes "Väterliche[m] Rath? und der Schrift "Theophron? nicht angemessen berücksichtigt. Der Vergleich mit Campes "Theophron" und seinen Kommentaren zum fünften Buch des Emile trage aber zum "umfassenden Verständnis des Frauenbildes? von Campe und seines Bildungskonzeptes bei. Campe gehe es "um eine möglichst effiziente und stringente Beantwortung der Frage der Unterlegenheit der Frau gegenüber dem Mann? (Jonach, 17); im "Väterliche[n] Rath? entwerfe er letztlich ein "weibliches Domestikationsprogramm? (Jonach, 18).  

Die Folie, vor der Jonach die Schrift betrachtet, bilden die Vorstellungen von "Erziehung und Bildung im Zeitalter der Aufklärung" (Jonach, 57 ff) und insbesondere die "Erziehungsschriften von J. Locke und J.-J. Rousseau" (ebd.). Die Entscheidung für Locke läßt sich allerdings nicht ohne weiteres nachvollziehen, zumal Jonach selbst feststellt: Locke habe kein "explizites, restriktives Mädchenerziehungsprogramm" vorgelegt und "die Frauen- und Mädchenbildung kaum thematisiert" (Jonach, 65). Allein die Vermutung, Locke sei bestimmt kein "Anhänger frauenemanzipatorischer Bildung" (ebd.) gewesen oder die regelmäßigen Neuauflagen seiner Gedanken oder auch die Tatsache, daß die Philanthropen sich in ihren Reformkonzepten auf Locke ebenso bezogen wie auf Rousseau (Jonach, 66), begründen weder für sich noch zusammengenommen hinreichend, warum er für den angestrebten Vergleich weiblicher Bildungskonzepte bedeutsam ist. Kaum zufällig spielen Lockes Ideen deshalb wohl auch keine Rolle mehr, wenn Jonach abschließend Campe und Rousseau gegenüberstellend betrachtet (Jonach, 195 ff).  

Jonach wendet sich zunächst nur Rousseau zu und entnimmt sein Erziehungskonzept für Mädchen ? wie dies in der historischen Frauenforschung üblich ist - dem fünften Buch des Emile. An Sophies Erziehung bemerkte die feministische Forschung stets vorrangig den Kontrast zu Emiles negativer Erziehung; seltener verfolgte man den Gedanken weiter, daß Sophie in dieses ideale Konstrukt von Erziehung unter rein funktionalen Gesichtspunkten eingeführt wird. Bei Jonach finden sich jedoch durchaus Akzente, die in diese Richtung weisen. Ihr ist nicht nur der utopische Charakter des Rousseauschen "Erziehungsexperiment[s]" (Jonach, 71) bewußt, sondern auch die Einsicht geläufig, daß "Emile und Sophie ... ideale Phantasiegestalten, sozusagen stilisierte Wesen (sind)" (Jonach, 195). Außerdem bezieht sie sich gedanklich ? oftmals auch unausgesprochen ? auf Kersting, die Sophies Funktionalität für die "`Vervollkommung des Mannes` zu einem Gattungswesen" und damit letztlich für das "Konzept ? scheiternder ? männlicher und gesellschaftlicher Entwicklung" explizit hervorhebt (Kersting, Ch.: Die Genese der Pädagogik im 18. Jahrhundert, Weinheim 1992, 365 u. 369). Darüber hinaus gelangt Kersting zu einer äußerst differenzierten und kunsttheoretisch fundierten Einschätzung von Rousseaus Weiblichkeitsbilder, die ebenfalls neue Akzente setzt (vgl. ebd., 367f). Jonach fallen zwar an Rousseaus Konstruktionen einer idealen Natur des Weibes Ungereimtheiten auf ? immerhin muß die behauptete weibliche Sonderanthropologie "den Frauen erst mühsam beigebracht werden" (Jonach, 130) -, aber sie scheint nicht zu bemerken, daß "die Ergänzungsfunktion der Frau im Geschlechterverhältnis", um die es Rousseau "in erster Linie" gehe (Jonach 196), zugleich und neben der Funktionalisierung der Frau das Eingeständnis von Mängeln und Unvollkommenheiten des Mannes enthält. Diese Überlegungen hätten zwar wahrscheinlich nicht unbedingt zu neueren, aber vielleicht doch zu etwas interessanteren Ergebnissen geführt. Statt dessen faßt Jonach die Position Rousseaus in der stereotypen Wiederholung einiger feministischer Grundurteile zusammen: Bei Rousseau erfahre die Frau "ihre Existenzberechtigung allein durch den Mann" und verliere "dabei den eigenen Selbstbezug" (Jonach, 74). Die Erziehung der Frau sei auf die "`praktische Vernunft`" abgestimmt und gegen die Gelehrsamkeit gerichtet (Jonach, 77), damit sei der "ansonsten so progressive Rousseau ... hinter allen Erwartungen zurückgeblieben" (Jonach, 79). Letztlich gehe es ihm "um die Legitimation der Unterordnung der Frau und [die Legitimation, J. H.] der Aufrechterhaltung eines patriarchalen Geschlechterverhältnisses" (Jonach, 196).  

Den Abschnitt über Campe leitet Jonach mit einer biographischen Schilderung ein, die ausführlicher ausfällt als die vorhergehenden zu Locke und Rousseau und die wichtigsten Stationen seines Lebens sowie die Begegnungen und Zerwürfnisse mit bedeutenden Zeitgenossen skizziert. Seine aufgeklärt fortschrittliche Gesinnung und sein bildungspolitisches Engagement kommen ebenso zur Sprache wie seine rege schriftstellerische Tätigkeit bzw. die als Herausgeber der "Allgemeinen Revision" oder des "Braunschweigischen Journals" (Jonach, 105 ?115). Etwas überzogen und voreilig ist es jedoch, Campe Konservativismus vorzuwerfen und zu behaupten, er könne "keinesfalls als ?deutscher Jakobiner` bezeichnet werden" (Jonach 113), nur weil er im Vertrauen auf seinen aufgeklärten Herzog und auf Basis einer - freilich im Nachhinein erst - offenbaren Fehleinschätzung der politischen Kräfteverhältnisse "gesellschaftliche(n) Umwälzungen" (ebd.) in Deutschland schlicht für überflüssig hielt. Außerdem spricht Jonach selbst noch von den "zahllosen denunziatorischen Angriffen", denen die Philanthropen wegen ihrer Begeisterung für die französische Revolution in der Öffentlichkeit später ausgesetzt waren (Jonach, 114). Spätestens der erzwungene Wechsel des Verlagsortes für das "Braunschweigische Journal" dürfte wohl auch Campes ursprüngliche Meinung erschüttert haben.  

Aber - zu wenig differenzierte Interpretationen und oftmals doch recht voreilige Urteile sind überhaupt charakteristisch für den gesamten zweiten Teil der Studie. Jonach greift dort immer wieder explizit oder implizit interessante Gedanken aus dem vorgängigen feministischen Diskurs auf, um sie relativ schnell in die bereits vorab feststehende Richtung zu lenken. So entsteht häufig auch an Stellen, an denen Rousseau oder Campe - auf den sich Jonach ja hauptsächlich konzentriert - keineswegs unzweideutig und widerspruchslos argumentieren, ein sehr eindeutiges Bild von deren scheinbar ausschließlich konservativen und grundsätzlich gegen emanzipatorische Anliegen von Frauen gerichteten Position.  

Obwohl Jonach beispielsweise zunächst mit Honegger jene "`Unordnung der Geschlechter`" bemerkt, die in der Phase sozialer, wirtschaftlicher und politischer Umbrüche um 1800 bei Campe ebenso "wie bei den meisten Geschlechtertheoretikern dieser Zeit" (Jonach, 123) zu Unsicherheiten in den scheinbar naturgegebenen Differenzen und Beziehungen zwischen den Geschlechtern führt, verkehrt sich diese Unsicherheit nur ein paar Seiten weiter in ihr glattes Gegenteil, wenn Jonach schließlich konstatiert: "Campe, einer der bedeutendsten philanthropischen Schriftsteller, kann eindeutig nicht zu den Vertretern der frauenemanzipatorischen Linie gezählt werden. Ihm geht es ... vielmehr darum, eine geschlechtshierarchische Ordnung, die den Mann zum bestimmenden und führenden Element in der Geschlechterbeziehung deklariert, endgültig festzuschreiben" (Jonach, 126). Es ist bezeichnend, daß sich Jonach an Stellen, die diesem festgefügten Urteil prima facie entgegenstehen, erst gar nicht lange aufhält. Gemessen an diesem sicheren Urteil findet sie es letztlich doch erstaunlich und "in der Tat bemerkenswert", daß Campe sogar noch auf die "`ungünstigen Verhältnisse des Weibes zur menschlichen Gesellschaft`" eingeht (Jonach, 137). Dabei wären unter dieser Überschrift auch solche Passagen zu lesen, die Campes Absicht keineswegs so klar und eindeutig erkennen lassen. Campe bedauert an einigen Stellen ausdrücklich die Abhängigkeit, in die Frauen durch die "Herrschaft" von "Vorurtheile[n], Moden, Sitten und bürgerliche[n] Verfassungen" gepreßt werden (vgl. J. H. Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter. Braunschweig 1796, hrsg. v. R. Bleckwenn, Paderborn 1988, 27ff). Für die zweifellos einschneidenden und höchst folgenreichen Einschränkungen weiblicher Bildung läßt sich im Lichte der Aufklärung zumindest nicht ganz so ungebrochen argumentieren, wie Campe dies - ebenfalls ohne Zweifel - über weite Strecken versucht. Aber nebenbei bemerkt: Junge Autorinnen legen offenbar nicht mehr allzu großen Wert darauf, die Quellen gründlich zu prüfen; sie zitieren auch schon mal aus dritter Hand und nicht aus autorisierten Gesamtausgaben (z. B. Jonach, 83). Campe bereitet seine Tochter, stellvertretend für bürgerliche Töchter, in bester utilitaristischer Manier auf ihre künftige gesellschaftliche Stellung vor und legt sie in der Tat "auf das Hausfrau-Gattin-Mutter-Modell" (Jonach, 131) fest.  

In der Darstellung und Analyse dieser Gedanken bewegt sich Jonach dann spürbar wieder auf sicherem Terrain. Sie hat die einschlägige Literatur aus dem Bereich der historischen Frauenforschung gründlich (teilweise sogar gründlicher als Verzeichnis und Nachweise vorgeben) zur Kenntnis genommen und entfaltet vor diesem Hintergrund entlang der Struktur, die der Text vorgibt, Campes Programm weiblicher (Charakter-)Bildung mit einigen Seitenblicken auf den Theophron.  

Nach den Ausführungen über die "weibliche Bestimmung", welche gegenüber der "allgemein-menschliche[n] Bestimmung bei Campe immer mehr in den Hintergrund (tritt)" (Jonach, 133) und den desillusionierenden Klarstellungen über die Rolle der Gattin (Jonach, 137 ff) folgen jene Charakterisierungen der Künstlerin, Gelehrten und Schriftstellerin - den negativen Gegenbildern "wahrer" Weiblichkeit schlechthin (Jonach, 142 ff). "Während Campe" im Theophron "den gelehrten Mann vor Spezialistentum und Zurückgezogenheit warnt, ist bei der Frau die Zurschaustellung ihres Wissens nicht mit der ihr zugedachten weiblichen Rolle vereinbar" (Jonach, 152). Außerdem seien die Polemiken gegen "Lesewuth" und "Schriftstellersucht" zwar "nicht primär geschlechtsspezifisch orientiert" (Jonach, 149), aber letztlich spreche daraus doch nur "die Angst der bürgerlichen Männer", die "streng darauf" achteten, "daß Frauen nicht ... in ein Konkurrenzverhältnis mit ihnen treten" und ihnen, "[i]n Zeiten, in denen die bürgerlichen Männer sogar untereinander um den Zugang zu den begehrtesten Ämtern und bestbezahlten Positionen zu kämpfen hatten", einen "zweiten Krieg an der ?Frauenfront`" aufmachten (Jonach, 155). Sicher - es gab kompetente und ambitionierte Frauen, die gezielt aus dem politischen und kulturellen Leben verdrängt wurden, aber läßt sich deren legitime und zudem sachlich gebotene Auflehnung gegen jene zwiespältige Anwendung aufgeklärter Ideen exklusiv auf die eine Hälfte der Menschheit so ohne weiteres mit einer scheinbar durchwegs positiven Stellung zur Konkurrenz als Kampf jede(r) gegen jede(n) und dem Unbill gleichsetzen, der damit zwangsläufig verbunden ist? Besaß damals vielleicht nicht sogar der Entwurf eines typisch weiblichen Gemütscharakters für eine Vielzahl von Frauen - im übrigen auch für einige Gebildete - gerade deshalb eine besondere Anziehungskraft, weil er sich sehr bewußt von der rauhen Welt der Konkurrenz abhob? Das wäre immerhin auch eine Erklärung dafür, "daß die Frauen selbst, und zwar in erster Linie die bürgerlichen Frauen, dazu beitrugen, den ?Väterlichen Rath` zu einem Bestseller zu machen" (Jonach, 131).  

Die Attraktivität, die Campes dreifaches Modell für bürgerliche Frauen offenkundig besaß, wird zwar benannt und auch der Gedanke taucht auf, daß Frauen selbst einen "nicht zu verleugnenden Anteil ... an ihrer eigenen Unterdrückung"(Jonach, 187) hatten, wenn Jonach am Ende die "Auswirkungen des ?Väterlichen Raths` auf das weibliche Geschlecht" (Jonach, 185 ff) anhand der Korrespondenz zwischen Campe und dem "anonyme[n] Fräulein" (ebd.) thematisiert. Beide Überlegungen spielen aber insgesamt eine höchst marginale Rolle und in der abschließenden Betrachtung sind sie ohnehin bedeutungslos.  

Insgesamt bewegt sich die vergleichende Darstellung - die doch neue Aufschlüsse über Campes Frauenbild und Bildungskonzept geben soll (Jonach, 17) ? auf ausgetretenen Wegen:  

Den Einschränkungen des Bildungskanons, die Campe gezielt im Blick auf die künftigen Aufgaben von Mädchen vornimmt, stehen die "Unterrichtsinhalte der bürgerlichen Knaben" gegenüber, die "darauf abzielen, sie auf ihre künftigen Berufe gründlich vorzubereiten" (Jonach 168). Oder: Während "Campe von seiner Tochter" im Umgang mit dem (Ehe-)Mann "ein sehr ausgeprägtes psychologisches Einfühlungsvermögen (verlangt)", "behandelt" er im Theophron "auf ganzen elf Seiten die Verhältnisse zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht" (Jonach, 158).  

Obwohl sicher einiges dafür spricht, den Vergleich auf den ersten Teil des "Väterlichen Rath[s]" zu konzentrieren, der die Maximen weiblicher Bildung enthält, wäre es wünschenswert und - gemessen am eigenen Anspruch des Vergleichs - eigentlich sogar angebracht, zumindest ein paar Gedanken darüber zu verlieren, warum "[b]eide ?Räthe` über einen weitgehend identischen zweiten Teil (verfügen)" und wozu denn aus Campes Sicht beiden Geschlechtern die scheinbar bloße "Aneinanderreihung von Lebensweisheiten und Klugheitsregeln" (Jonach, 117) dienen soll. Vermutlich oder sogar ziemlich sicher auch zur Ausgestaltung ihrer Verhältnisse!  

Doch Jonach interessieren mehr die "elf ... Haupttugenden", auf die das "weibliche Sozialisationsprogramm" abzielt. Diese faßt sie in drei Gruppen zusammen: 1. Reinheit des Herzens, Frömmigkeit, Keuschheit und Schamhaftigkeit, 2. Bescheidenheit, Freundlichkeit und unerschöpfliche Herzensgüte und 3. Bedächtigkeit, Reinheit, Ordnungsliebe und Sparsamkeit/Häuslichkeit (Jonach, 171 ff). Das Resultat ist immer gleich und wenig überraschend: Wenn Campe diese Tugenden überhaupt von den Jungen verlangt, dann nicht in der Bedingungslosigkeit und Rigidität wie von den Mädchen. Gefordert werde "ein völlig affekt- und selbstloses weibliches Wesen ..., das auf jegliche eigene Bedürfnisse und Ansprüche gänzlich verzichtet, sein ganzes Leben in den Dienst der Beglückung anderer Individuen, vorzugsweise Männern stellt und diese Verzichtsleistung auch noch fröhlichen Herzens erbringt" (Jonach, 174). Sicher, so ähnlich war ? nicht nur Campes ? Frauenideal. Aber, wie war die Wirklichkeit? Weshalb mußte Campe die Frauen von ihrem scheinbar ureigensten "Gemüthscharakter" erst noch überzeugen? Wie gelang ihm eigentlich die Überzeugung einer relativ großen Zahl "anonymer Fräuleins"? Warum wurde dieser "Frauenfeind" überhaupt als Gesprächspartner akzeptiert? Worin bestand die Attraktivität seines Lebensentwurfs für bürgerliche Frauen? Solche Fragen bleiben entweder ungestellt oder unbeantwortet. Dabei ließe sich auf dem Wege einer distanzierten und immanent kritischen Analyse von Campes Argumentation vielleicht sogar wirklich ein Stück "verborgene Bildungsgeschichte der Frau" (Jonach, 19) ans Licht bringen.  

Doch die Attraktivität der normativen Entwürfe läßt sich freilich nur noch schwer nachvollziehen, wenn andererseits schon vollkommen feststeht, daß Campe "im ?Väterlichen Rath` die totale und bedingungslose Unterwerfung und Entrechtung der Frau (fordert)", während "der Mann sich" - laut Theophron - "ein größtmögliches Maß an Unabhängigkeit bewahren soll" (Jonach, 192).  

Nach so vielen entschiedenen Formulierungen überrascht es dann doch ein wenig, am Schluß der Gegenüberstellung von Rousseau und Campe zu lesen: "Dabei fällt es mir schwer[,] darüber zu urteilen, welches Konzept mehr und welches weniger frauenfeindlich angelegt ist" (Jonach, 202).  
 

Kalte Bäder und bürgerliche Tugenden  

Mit dem Blick auf beide Geschlechter versucht Fuchs, den Prozeß der Internalisierung von bürgerlichen Tugenden im Rückgriff auf populäre Schriften nachzuvollziehen. Die eingangs recht spärlichen Reflexionen über diese Literaturgattung lehnen sich stark an die Gedanken von Christa Berg an, jedoch ohne deren Klarheit nur annähernd zu erreichen. Neben dem Bestseller Adolf Matthias (Wie erziehen wir unseren Sohn Benjamin?) kommen dann mit Klencke (Die Mutter als Erzieherin ihrer Töchter und Söhne zur physischen und sittlichen Gesundheit ...), Dittrich (Die häusliche Erziehung ...) oder Zagler (Das Nothwendigste und Wichtigste über häusliche Jugenderziehung ...) auch einige bislang kaum rezipierte Ratgeber ausführlich zu Wort. Die Auswahl der Schriften erfolgte vermutlich eher zufällig und ist insgesamt zu eng, betrachtet man den Untertitel des Buches nicht allein unter verkaufstechnischen Gesichtspunkten.  

Die Darstellung des "Wandel[s] im Erziehungsverhalten" (Fuchs, 58 f), die Bestimmung der "Erziehungsziele" (Fuchs, 61 f) und die geschlechtsspezifische Ausrichtung der bürgerlichen Erziehung (Fuchs, 72 f) im 19. Jahrhundert gehören deshalb - anders als Fuchs vermutet - inhaltlich wie systematisch bereits zum zweiten Teil, in dem es ihr speziell um eine "Auseinandersetzung mit den Ratgebern" und die Frage nach den "normativen und (oftmals) stereotypen Mustern" geht (Fuchs, 12), die in solchen Schriften reproduziert werden. Denn Fuchs greift dort hauptsächlich auf die populärpädagogischen Quellen zurück und sieht den "Wandel" insbesondere in der "Verinnerlichung von Regeln" (Fuchs, 59), die nunmehr durch Blicke und Worte erreicht werden soll und in der "neue[n] Verantwortung", die vor allem Mütter für das Erkennen und die Entwicklung der individuellen Anlagen ihrer Kinder tragen (Fuchs, 61 f). Beides läßt sich freilich auch schon vor dem eigentlichen Untersuchungszeitraum nachweisen, so daß der "Wandel" lediglich eine Fortsetzung des aufgeklärten Erziehungsdiskurses darstellt.  

Ein Hauptgewicht legt die Autorin auf die "`Zivilisierung` des Kindes durch Erziehung". Sie lehnt sich hierbei explizit an Elias` These vom individuellen Zivilisationsprozeß an, dem die Heranwachsenden unterworfen werden und "automatisch in höherem oder geringerem Grade und mit mehr oder weniger Erfolg" genügen (Fuchs, 63). In der Auswertung ihrer Quellen konzentriert sich Fuchs vor allem auf den physischen und den sittlich-moralischen Aspekt bürgerlicher Erziehung. An den Ratschlägen zu Hygiene, Diätetik und körperlichen Übungen interessieren deshalb nicht so sehr bevölkerungspolitische Hintergründe und Implikationen, sondern die "Bürgertugenden", die mit kalten Bädern, Speiseplänen, Gymnastik und "`schulmäßige[m] Exercieren`" (Fuchs, 99) befördert werden sollten. Erwartungsgemäß fehlen dabei weder Plädoyers der Ratgeber für körperliche Züchtigung noch deren teilweise recht martialischen Vorschläge, wie das "`Laster der Selbstbefleckung`" zu bekämpfen sei (Fuchs, 127 ff). Solche Passagen werden relativ breit rezitiert, jedoch ohne eine wirklich detaillierte "inhaltliche Auseinandersetzung". So entsteht über weite Strecken der Eindruck, als wäre die Autorin selbst von der Normativität ihres Untersuchungsmaterials überwältigt.  

Fuchs vertritt zudem eine eigentümlich mechanistische Auffassung von Erziehung, wonach die "Psyche des einzelnen so modelliert" werde, "daß er hierarchische Strukturen als etwas Natürliches anerkennt [!] und sich selbstverständlich in sie einfügt" (Fuchs, 125). Der Widerspruch, daß die (vermeintlichen) Naturnotwendigkeiten immerhin der Anerkennung bedürfen, bleibt ebenso unbemerkt wie der legitimatorische Charakter vieler populärpädagogischer Argumentationen. Ohne bewußten Bezug auf Alice Miller steht für Fuchs am Ende des bürgerlichen Erziehungsprozesses jedenfalls soviel fest: "Das Kind/das Individuum besitzt mit dem `anerzogenen Schamgefühl` einen (automatisch ablaufenden) Kontrollmechanismus, der sein Trieb- und Affektleben regelt" (Fuchs, 132). Die Erziehungsratgeber legen dagegen selbst ein eindrucksvolles Zeugnis davon ab, daß sie jedenfalls dieser Art von Mechanismen sehr viel weniger zutrauen als der Überzeugungskraft ihrer Ratschläge und Argumentationen.  
 

Vorläufig abschließendes Urteil  

Die "Väterliche[n] Ratschläge für bürgerliche Töchter" von Jonach präsentieren im allgemeinen Teil insgesamt eine gründliche und systematische Darstellung der historischen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen und pädagogischen Rahmenbedingungen im späten 18. Jahrhundert und geben zugleich wichtige Aufschlüsse für den Zeitraum danach. Auf der zweiten Ebene des Vergleichs löst Jonach zwar längst nicht alle Ansprüche ein, die sie sich selbst gesetzt hat. Die vertretenen Positionen regen aber sicher zum Nachdenken an, auch weil sie erfrischend jugendlich mit großem Engagement vorgetragen werden. Bleibt zu wünschen, daß sie den Diskurs über historische Frauenforschung beleben.  

Die "Bürgerliche Kindererziehung im Spiegel der populärpädagogischen Erziehungsratgeber des 19. Jahrunderts" von Fuchs bietet zwar systematisch wenig Differenziertes, viel Widersprüchliches und Problematisches, aber sie gibt zumindest einen kleinen Einblick in die Fülle der Ratgeberliteratur dieser Zeit. Daß "trotz intensiver Suche" (Fuchs, 16) - mit Ausnahme von Wilhelmine von Gersdorfs Übersetzung - keine RatgeberInnen zu finden waren, ist zwar bereits nach einem Blick ins Verzeichnis der Sekundärliteratur mehr als unwahrscheinlich, aber auch Bücher lassen sich bekanntlich vielfältig nutzen. Insgesamt bestätigt sich der erste Eindruck: Dieses Thema ist gründlich, umfassend und sinnvoll wohl eher auf der Ebene von Dissertationen zu bearbeiten.  
 
 

 
 

Erfassungsdatum: 12. 02. 1999
Korrekturdatum: 02. 04. 2004