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HBO Datenbank - Bericht

Autor: Griese, Christiane; Lost, Christine
Titel: Die Geschichte des PÄDFo als Beispiel für das kooperative und kommunikative Wirken einer pädagogischen Zeitschrift
Erscheinungsjahr: 01/2012
Text des Beitrages:

1. Zur Geschichte und Charakteristik der Zeitschrift

Die zuletzt unter dem Titel PÄDForum erscheinende Zeitschrift existierte zwischen 1988 und 2009. Sie war ein Produkt des in West- und insbesondere in Süddeutschland bekannten und beliebten Schneider Verlags in Baltmannsweiler (Schneider Verlag Hohengehren GmbH Baltmannsweiler).

Finanziell-wirtschaftliche Entscheidungen des Verlags und zeitgeschichtliche Bedürfnisse der Leserschaft führten in den durchaus bewegten zwei Jahrzehnten der Existenz der Zeitschrift zu deren mehrfacher Wandlung und Neuorientierung, die allerdings nicht immer erfolgreich endeten und an finanzielle Möglichkeiten gebunden waren, jedoch sämtlich durch professionsbezogene Netzwerke getragen wurden. Die Zusammensetzung dieser durch Kommunikation und Kooperation gefestigten Netzwerke spiegelt sich in der jeweiligen Zusammensetzung des Herausgeberkreises und des Beirats sowie der geschäftsführenden Schriftleitung wider, wobei deren Mitglieder gemeinsam und in Zusammenarbeit mit dem Verleger die Zeitschrift profilierten und als Multiplikatoren ihres Inhalts wirkten. Dennoch: Der allgemeine Rückgang der Abonnentenzahlen und der zunehmende Verzicht von Nutzern auf gedruckte Fachliteratur zugunsten anderer (schnellerer und preiswerterer) Zugangsmöglichkeiten ließen viele Fachzeitschriften im Erscheinungszeitraum des PÄDForum sehr bald zum Verlustgeschäft werden [1] und beendeten schließlich auch die Existenz der hier betrachteten Zeitschrift.

Es war eher ein – auch im pädagogischen Bereich – unspektakuläres Jahr, in dem sich der Schneider-Verlag entschied, eine Zeitschrift herauszubringen, die reformpädagogisch und sozialwissenschaftlich orientiert und durchaus auch gesellschaftspolitisch engagiert sein sollte. Erstmals 1988 erschien unter dem Titel FORUM PÄDAGOGIK die, wie in der Unterzeile hervorgehoben wurde, „Zeitschrift für pädagogische Modelle und soziale Probleme“. Vorgesehen war ein viermaliges Erscheinen pro Jahr, also eine Vierteljahreszeitschrift. Ihre Programmatik war in gewisser Weise dadurch vorgegeben, dass die Zeitschrift in Zusammenarbeit mit der deutschsprachigen Sektion des Weltbundes für Erneuerung der Erziehung e. V. und seinen korporativen Mitgliedern (Ehrenpräsident der genannten Sektion war Prof. Dr. Hermann Röhrs, Heidelberg) sowie mit der Internationalen Gesellschaft für Gruppenarbeit in der Erziehung e. V. (als Ehrenpräsident fungierte hier Prof. Dr. Wincenty Okoń, Warschau) herausgegeben wurde. Diese An- bzw. Einbindung sicherten der Zeitschrift das beabsichtigte Profil und einen interessierten Abnehmerkreis. Die Trägerschaft wurde durch einen Beirat verstärkt und erweitert, in den etwa 20 prominente Vertreter von Vereinen, Gesellschaften und aktuellen nationalen und internationalen pädagogischen Arbeitsrichtungen durch den Verlag berufen worden waren [2]. Damit war jener Interessentenkreis umrissen, der als Autoren- und Leserschaft angesprochen werden sollte und konnte. Mit Beiratsmitgliedern aus Österreich, Südtirol, der Schweiz, aus Polen und Schweden wurde auch eine gewisse Internationalität angestrebt [3]. Was zunächst günstig für das Prestige und den Absatz der neuen Zeitschrift schien, führte aber auch zu Schwerfälligkeit und Enge der Themenbindung, vor allem immer dann, wenn sich einzelne Hefte auf die Interessen eines der Vereine, Verbände oder Gesellschaften konzentrierte, die als Herausgeber oder als Beiräte mitbestimmend waren.

Einen ersten gravierenderen Einschnitt erlebte die Zeitschrift mit den Folgen des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik. Als Ende 1990 die Akademie der Pädagogischen Wissenschaften (APW) abgewickelt wurde, sie war 1970 in der DDR als zentrale Einrichtung für pädagogische Forschung und Lehrplangestaltung eingerichtet worden und aus dem dort seit 1949 existierenden Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut (DPZI) hervorgegangen, wurde auch deren Publikationsorgan freigesetzt. Die Zeitschrift Pädagogische Forschung war 1960 zur Publikation der in der DDR zentralen und staatlichen Forschungspläne und der entsprechenden Ergebnisse geschaffen worden [4]. Seit Ende 1989 öffnete sie sich für Reformpläne, Reformversuche, Reformforderungen und Vergangenheitsanalysen des DDR-Bildungswesens und für Informationen über die nationale und internationale reformpädagogische Theorie und Praxis. Die Übernahme dieser Zeitschrift in das FORUM PÄDAGOGIK bot die Chance einerseits zur indirekten Weiterexistenz der in der DDR entwickelten Reformdiskussion, andererseits zur Öffnung einer etablierten bundesdeutschen Zeitschrift für eine neue Leserschaft. Zu erwarten waren und erhofft wurden eine neubelebte gesamtdeutsche Reformdiskussion und die wechselseitige Information zwischen Ost und West. Heft 1/1991 der Zeitschrift erschien im März des Jahres nunmehr unter dem Titel Pädagogisches Forum. Zeitschrift für schulische Modelle, soziale Probleme und pädagogische Forschung. Die, wie sie sich nannte „Schriftleitung“ der Zeitschrift wurde erweitert um den ehemaligen Chefredakteur der Pädagogischen Forschung [5]. In den Beirat wurden drei Mitglieder aus der ehemaligen DDR berufen [6]. In den Heften des Pädagogischen Forum von 1991 bis 1995 waren Autoren aus den neuen Bundesländern mehrfach vertreten, zumeist mit Beiträgen über die bildungsgeschichtliche Entwicklung in der DDR und in Osteuropa sowie mit Berichten über Reformdiskussionen und -bestrebungen in der Wendezeit und in den neuen Bundesländern. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit entstand jedoch nur in den seltensten Fällen [7]. Die berufliche Situation der Vertreter aus den neuen Bundesländern war unsicher und das Interesse an deren Themen hielt sich bei den angestammten Lesern der Zeitschrift deutlich in Grenzen. Ein professionelles, alle Bundesländer (und besonders die neuen) einschließendes Netzwerk entstand nicht. Dennoch öffnete sich die Zeitschrift deutlich aktuellen Problemen und wurde in Form und Inhalt moderner. Als Volkhard Peter Ende 1993 die Schriftleitung des Pädagogischen Forum verließ und sich Ernst Meyer aus Altersgründen aus der Schriftleitung zurückzog, konsolidierte sich ein Profil der Zeitschrift, das über die 1990er Jahre kennzeichnend blieb. Nach wie vor erschien das Heft viermal im Jahr in A4-Format, zunächst rot, dann in wechselnden Farben, auf dem Titelblatt ein auf den Heftschwerpunkt bezogenes und möglichst originelles Schwarzweißfoto, wesentliche Heftbeiträge waren auf dem Titelblatt angekündigt.

Die Herausgeberschaft hatte sich deutlich verändert. Nunmehr zeichneten fünf Herausgeber aus verschiedenen pädagogischen, sozialpädagogischen und psychologischen Fachrichtungen neben der deutschsprachigen Sektion des Weltbundes für Erneuerung der Erziehung e. V. sowie der Internationalen Gesellschaft für Gruppenarbeit in der Erziehung e. V. für die Zeitschrift. Neben jährlich drei Themenheften erschien das vierte Heft des Jahres als „freies Heft“ mit einer Auswahl aus Veröffentlichungsangeboten. Generell rückten aktuelle Themen, Praxis-Modelle, pädagogische Studien und Forschungen mit Anregungscharakter in den Vordergrund. Die Beiträge wurden bedarfsbezogen aus dem Angebot ausgewählt und durch Rubriken mit Magazincharakter ergänzt. Mitte der 1990er Jahre ist zudem – insbesondere an dem Themenheft 3/1995 „Schule in Berlin“ erkennbar – die Integration von „Ostthemen“ und „Ostautoren“ in den allgemeinen Themenkatalog weitgehend abgeschlossen. Es hatte sich gezeigt, dass die extensive Behandlung solcher Themen weder Leser in den neuen Bundesländern hinzugewonnen hatte, noch war sie auf die Sympathie der Leser aus den alten Bundesländern getroffen.

Der nächste Einschnitt in der Zeitschriftengeschichte erfolgte 1996. Das Pädagogische Forum fusionierte auf Initiative des Verlegers Rainer Schneider hin mit PÄD EXTRA und versuchte, sich unter dem Titel PÄDForum als „neue“ Zeitschrift zu profilieren. PÄD EXTRA war 1972 im Kontext der 68-Bewegung gegründet worden, hatte aber nach einem Vierteljahrhundert für die spezielle Themenstellung keine ausreichende Leserschaft mehr. Von den festangestellten Redakteuren der PÄD EXTRA konnte sich keiner entschließen, sich in das ehrenamtliche redaktionelle bzw. herausgeberische Engagement beim neuen PÄDForum zu begeben. Damit gingen der neuen Zeitschrift jedoch nicht nur Anregungen und spezielle Impulse, sondern auch viele der neu hinzugekommenen ehemaligen PÄD EXTRA-Leser verloren, die sich nicht ausreichend vertreten fanden. Jedoch entschied sich der Verlag dafür, einen professionellen Journalisten in die Arbeit an den Heften einzubeziehen, um die Professionalität, Aktualität, Originalität und Leserfreundlichkeit des neuen PÄDForum zu verbessern. Das vierteljährliche Erscheinen wurde aufgegeben. Nunmehr erschien die Zeitschrift sechsmal im Jahr mit jeweils einem thematischen Heftschwerpunkt. Der auf den jährlichen Herausgeber- und Beiratssitzungen gemeinsam beratene und festgelegte Heftschwerpunkt prägte etwa zwei Drittel des Heftumfangs. Nachdrücklich wurde hervorgehoben, dass die Mitglieder der Schriftleitung, des Herausgebergremiums und des Beirats Einzelpersonen und Vertreter ihrer professionellen Schwerpunkte seien, die sie auch als Moderatoren der von ihnen vorgeschlagenen Heftthemen einzubringen hätten. Die Heftschwerpunkte wurden von den Moderatoren eingeleitet und gestaltet sowie die entsprechenden Beiträge eingeworben. An jedem Heft waren im Verlauf der nachfolgenden Jahre demzufolge sechs bis acht Herausgeber, zehn bis zwölf Beiratsmitglieder, zwei bis drei Schriftleiter und ein Redakteur und der Moderator des Heftschwerpunktes beteiligt. Der Kontakt der verschiedensten Disziplinen untereinander und die wechselnden Moderationsangebote, die das vom Beirat bestätigte Thema, die freie Wahl der Beiträge und die selbstgestaltete Form des Heftschwerpunkts durch den Moderator einschlossen, war ohne eine rasche und professionelle Kommunikation und Kooperation nicht zu bewältigen. Aus dem Kreis der von den Moderatoren angesprochenen und gewonnenen Autoren entwickelten sich oft Verlagsautoren. Es entstand gleichsam ein „Schaltstellensystem“, dessen Wirkung sowohl die Verlagsproduktion stützte, als auch das Netzwerk förderte, auf das das PÄDForum aufbaute beziehungsweise das es durch die dort gewählte Arbeitsweise auszubauen half [8].

Freilich wies die durch das PÄDForum geleistete professionsbezogene Netzwerkbildung eine gravierende Lücke auf. Es gelang nur unzureichend, Kontakt zu den Lesern zu gewinnen. Trotz aller Bemühungen, die Beiratsmitglieder und das Herausgeberkollegium, die Schriftleitung und die Redaktion persönlich und im einzelnen vorzustellen („Wir über uns“ in den Heften 1996 bis 1999), gab es so gut wie keine Rückmeldungen aus der Leserschaft. Nur dann, wenn ein Themenheft auf einen bestimmten Anlass, für eine bestimmte Institution, auf ein akutes Problem zugeschnitten und über den jeweils zuständigen Moderator verteilt und von ihm genutzt wurde, waren Leserreaktionen erkennbar. Es zeigte sich zudem, dass alle Hefte, die explizit Probleme oder Regionen der neuen Bundesländer als Heftschwerpunkt hatten (Brandenburg – Heft 6/1996; Sachsen – Heft 2/1998), wenig gefragt waren. Die Vielfalt der Themen und der Magazincharakter der Hefte sicherte dem PÄDForum dennoch über Jahre eine relativ konstante Leserschaft. Sie blieb jedoch diffus, relativ passiv, neue Leser kamen kaum hinzu. Weder die Fusion mit der Pädagogischen Forschung 1991 noch die mit PÄD EXTRA 1996 hatte den erhofften Erfolg gebracht: Es waren kaum Abonnenten in den neuen Bundesländern gewonnen worden. Und die ehemaligen PÄD EXTRA-Leser fanden sich in Themen und Stil des PÄDForum einerseits nicht ausreichend vertreten, andererseits schwand das Interesse einer Lesergeneration an den seinerzeit aktuellen Themen. Ab Heft 1/1999 fiel deshalb die bis dahin deutliche Benennung der Fusion von PÄD EXTRA und Pädagogisches Forum auf dem Titelblatt weg. Die Zeitschrift nannte sich nunmehr PÄDForum und im Untertitel: Soziale Probleme. Pädagogische Reformen. Alternative Entwürfe. Bis zum letzten Heft der Zeitschrift integrierte die Jahrgangszählung jedoch das FORUM PÄDAGOGIK von 1988 und PÄD EXTRA von 1972: Heft 6/1999 erschien im 37. (mit Bezug auf PÄD EXTRA) bzw. 28. (mit Bezug auf FORUM PÄDAGOGIK) Jahrgang.

Nicht nur marktwirtschaftliche Gründe, sondern die allgemeine Tendenz zur notwendigen Effektivierung von Unterricht und Erziehung führten 2002 zur Entscheidung des Verlags, die Zeitschrift des Bayerischen Lehrerverbands unterrichten+erziehen (u/e) zu übernehmen und sie in das PÄDForum zu integrieren. Ab Heft 1/2003 lautete der Titel der Zeitschrift nunmehr PÄDForum: unterrichten erziehen. Einer der Redakteure der Zeitschrift unterrichten+erziehen wurde in die Schriftleitung aufgenommen, einige Beiratsmitglieder der Zeitschrift des Bayerischen Lehrerverbands waren bereit, nunmehr am PÄDForum mitzuarbeiten. Obwohl sich das Heft in Form und Inhalt weiter profilierte und zunehmend professioneller gestaltet wurde, setzten sich die neuen Aspekte zum Beispiel der direkten Materialbereitstellung für den Unterricht und die Zentrierung auf den Lehrer und den Unterricht nicht wirklich durch. Bestimmend blieben vielseitig und originell gestaltete, fachübergreifende Schwerpunktthemen von hohem Informationsgehalt, bei denen sich nicht nur das professionelle Netzwerk von Herausgebern und Beiratsmitgliedern bewährte, sondern neue Netzwerke durch die Moderatoren einbezogen wurden. Schwerpunktbestimmend blieben Probleme der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie des Berufsalltags von praktisch tätigen Pädagogen (im weitesten Sinne) unter möglichst originellen Aspekten. Die Fusion mit unterrichten+erziehen führte nur kurzfristig zu einer strikteren Beachtung von Schule und Unterricht durch Unterrichtsbeispiele und Praktikumsberichte. Der Service-Bereich mit Hinweisen zu Neuerscheinungen, Tagungsterminen, Fortbildungsangeboten usw. blieb – wie bisher – bewusst über Schule und Unterricht hinaus erweitert. Der Magazincharakter wurde nach wie vor betont und grenzte die Zeitschrift von anderen pädagogischen Fachzeitschriften in Inhalt und Form sichtbar ab, schränkte aber für einen Teil der Leser die direkte Nutzanwendung einzelner Beiträge für die Berufspraxis ein. Es waren schließlich der fast ausschließlich finanziell begründete Abonnentenschwund und die aktuelle Gesamtsituation auf dem Buch- und Zeitschriftenmarkt, die seit Ende 2008 zur Überlegungen des Verlegers führten, die Zeitschrift nach über zwei Jahrzehnten einzustellen, was mit Heft 6/2009 geschah.

2. Zwischen Mainstream und Originalität

Im Rückblick ergibt sich die Frage, wie in der Zeitschrift mit den aktuellen professionellen Themenstellungen umgegangen wurde sowie ob und wie es mit der Zeitschrift gelungen ist, einen eigenständigen Platz in der Zeitschriftenlandschaft einzunehmen und zu behaupten. Die Antworten sind die Grundlage dafür, die Wirkung, die das PÄDForum erreicht hat oder aber auch nicht, zu beschreiben und einzuschätzen.

Wenn davon ausgegangen werden kann, dass pädagogische Fachzeitschriften durchaus zur Themensetzung und -akzentuierung in der Bildungslandschaft beitragen können und müssen, ist die Verkörperung des Verhältnisses von „Themenmainstream“ und Originalität im Erscheinungsbild der Zeitschrift von Interesse. Die Durchsicht der letzten zehn Jahrgänge der Zeitschrift (2000 bis 2009) bestätigt die entsprechende Wirksamkeit des installierten Netzwerkes, das einerseits durchaus in den aktuellen „Themenmainstream“ eingebunden war, andererseits aber originelle und blickerweiternde Herangehensweisen praktizierte.

Bei Durchsicht der Protokolle zeigt sich, dass alle in den Herausgeber- und Beiratssitzungen getroffenen Entscheidungen mit anhaltenden erziehungswissenschaftlichen Debatten verbunden waren. Ein damit verbundener Konflikt wurde bei der Übernahme (Kauf) der Zeitschrift unterrichten+erziehen 2002 durch den Schneider-Verlag deutlich [9]. Die „Chance könnte sein, das `Netzwerk` von `u/e` (Anbindung an Studienseminare in Bayern) bundesweit zu aktivieren“ (Protokoll der Herausgebersitzung vom 30. 11. 2002), so der Verleger. Die auch von der Schriftleitung und dem Beirat prinzipiell befürwortete und gemeinsam konzeptionell gestaltete Fusion war jedoch für das vorhandene und bewährte Netzwerk PÄDForum kritisch.

Bei durchaus gedämpftem Fusionsoptimismus und den Schwierigkeiten, „die Balance zu finden, um beide Leserschaften zu bedienen“, außerdem „den allgemeinen Trends der pädagogischen Diskussion sowie neuen Lesegewohnheiten gerecht zu werden“, wurden die Chancen der Fusion jedoch positiv eingeschätzt. Die grundsätzlich gemeinsame Intention der Netzwerkbeteiligten wurde fokussiert im Sinne eines reformpädagogischen Anliegens, und zwar „nicht im Sinne eines historischen Terminus, sondern als Anspruch an die Auswahl und Darstellung von entsprechenden Theorie- und Praxisbeispielen“ (ebenda). In der weiteren Diskussion im Kreis der Beiräte erfolgte dann eine dezidierte Ausrichtung auf das „Hauptthema“ der neuen Zeitschrift, nämlich „Schule im weitesten Sinne“. Aber schon im Verlauf der nächsten Sitzung zeigten sich deutliche Divergenzen. Es offenbarte sich ein unterschiedliches Verständnis zur Notwendigkeit von „Unterrichtsnähe“ und darüber, was denn „Praxisnähe“ der Zeitschrift bedeute. Eingeführt werden sollte eine neue Rubrik „Unterrichtsmaterial/Unterrichtsvorschläge“, zu der sich erneut deutlicher Diskussionsbedarf zeigte. Die Konzeption der Zeitschrift, heißt es im Protokoll, lasse kein „konservatives“ Verständnis einer Präsentation von fachbezogenen Unterrichtsbeispielen zu. Jedoch solle unter diesen Gesichtspunkten die Idee einer „Einladung zum Denken“ verfolgt und darin Unterrichtsbeispiele als Bestandteil einer neuen Unterrichtkultur präsentiert werden (Protokoll vom 14.07.2005). 2006 standen die damit verbundenen Probleme erneut zur Diskussion, nämlich die Übermittlung von Unterrichtsrezepten zu vermeiden, jedoch Unterrichtskultur zu fördern (Protokoll vom 01.04.2006).

Bereits mit dem Jahrgang 2002 war die disziplinär orientierte Rubrizierung des Gesamtheftes aufgegeben worden, jedoch nicht ohne Widerstand [10]. Als Resultat der Zusammensetzung des Beirats votierte ein Teil für die Beibehaltung einer solchen Rubrizierung, kritisierte jedoch Unausgewogenheiten, Ungleichbehandlungen und nicht eindeutige Zuordnungen. Ein anderer Teil der Beiratsmitglieder hielt das Festhalten im Kontext der Entwicklung der Pädagogik für wenig produktiv, plädierte für das interdisziplinäre Zusammenwirken unter originellen Fragestellungen und setzte sich schließlich durch.

Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Originalität des personellen Netzwerks der Zeitschriftenproduzenten die Originalität der Behandlung der Themen stützt beziehungsweise verändert. Mit diesem Schritt wurde eine Debatte beendet und zugunsten von Interdisziplinarität und einem breiten Verständnis von Pädagogik entschieden, die wiederum originelle Vorgehensweisen bei der Themenwahl, der Autorengewinnung, der Darstellung ermöglichte, zugleich aber die Zusammenarbeit in einem funktionierenden Netzwerk bedingte. Themen sollten „transferiert“, „vernetzt“ dargestellt, „gegen den Strom der Fachorientierung“ (Protokoll vom 25.03.2000) präsentiert werden, sich „z. B. auf die Probleme der lernenden Gesellschaft, (der) Theorieentwicklung“ fokussieren (Protokoll vom 31.03.2001). Parallel dazu aber wurde davor gewarnt, kritiklos Ansprüchen des Mainstreams in der Bildungsforschung zu folgen. Mit Blick auf die (vermuteten) Interessen der „Stammleserschaft“ seien „Veränderungen mit Augenmaß“ einzuführen, „um (sie) nicht.... zu verprellen“ (Protokoll vom 31.03.2001). Die „Ausrichtung an der Trias im Untertitel des PF hat Priorität“, hieß es auch nach 2003, als der triadische Untertitel „Soziale Probleme – Pädagogische Reformen – Alternative Entwürfe“ aus dem Zeitschriftentitel verschwand. Plädiert wurde damit auch gegen die Gefahr einer „einseitige(n) Schullastigkeit“ [11], die als Resultat der Fusion mit unterrichten+erziehen befürchtet wurde. Es seien von der Zeitschrift in besonderer Weise jeweils aktuelle und brisante Themen aufgegriffen worden, schreibt ein Beiratsmitglied im Rückblick: „Insbesondere PÄDForum war kooperationsschaffend und netzwerkbildend, da sie mutig auch... eine Kritik an uferloser Evaluitis und geistlosem Meßbarkeitskult... behandelt hat und in doppelter, nämlich methodologischer und inhaltlicher Weise gegen herrschende Trends einer hypertrophierten methodologischen Mono¬kultur und konformistischem Jargon einer instrumentellen ‚Erziehungswissenschaft‘... versucht hat, ‚gegen einen Ozean anzupfeifen‘ (Kurt Tucholsky)“[12].

Neben dem Bestreben, die Zeitschrift diziplinübergreifend und kritisch zu gestalten, sollte auch der beabsichtigte Magazincharakter dazu beitragen, das besondere Profil der Zeitschrift auf dem erziehungswissenschaftlichen bzw. pädagogischen Zeitschriftenmarkt hervorzuheben. 1997 wird auf einer Herausgeber- und Beiratssitzung von der „noch nicht geglückte Antinomisierung von Seriosität und Unterhaltung“ gesprochen, 1998 die Notwendigkeit von „Gestaltungsverbesserungen... und einer Verknüpfung von Journalismus und Wissenschaft“ hervorgehoben. Konstatiert beziehungsweise kritisch vermerkt wurde zwischen 2000 und 2009 eine zunehmende „Semi(professionalisierung)“ in der Gestaltung der Zeitschrift. Einerseits zeigten sich Erfolge bei der aufgelockerten und unterhaltsamen Gestaltung der Zeitschrift, in ungewöhnlichen und disziplinübergreifenden Herangehensweisen an aktuelle Themen, bei der Einbeziehung spannender Praxisbeispiele in die Heftschwerpunkte. Auf der anderen Seite stand dem hohen Anspruch an Wissenschaftlichkeit, Vielseitigkeit, Praxisbezug und Innovation die Tatsache gegenüber, dass die Zeitschrift bis auf geringe Ausnahmen ausschließlich ehrenamtlich und weitestgehend ohne ausgebildete Journalisten, Pressefotographen, Grafiker und presseerfahrene Layouter entstand. Bis zur letzten Ausgabe des PÄDForum lag die endgültige Entscheidung über Inhalt und Form des jeweils aktuellen Heftes in den Händen der Schriftleitung [13]. Grundlage für die Zusammenstellung des Manuskripts waren die Festlegungen der Herausgeber- und Beiratssitzungen. Erstmals für Heft 2/2000, so das Protokoll vom 25.03.2000, wurden auf einer solchen Zusammenkunft die Kriterien der Gestaltung und Bebilderung diskutiert und festgelegt (Protokoll von 25.03.2000). Erkennbar ist, getragen von der vielseitigen Zusammensetzung der als Herausgeber, Beiratsmitglieder und Moderatoren tätigen Wissenschaftler und Praktiker, eine durchaus dem Mainstream der gängigen pädagogischen Diskussion angepasste Schwerpunktsetzung der Jahrgänge, jedoch immer mit dem Versuch origineller Herangehensweisen, ungewöhnlicher Einstiege, der Einbeziehung sozialer, kulturell-künstlerischer, historischer, bildungspraktischer und bildungspolitischer Bezüge, eine fach-, institutions- und regionalübergreifende sowie unkonventionelle Behandlung der Themen usw. Die breite Interessenauffächerung band einerseits „treue“ Leser, führte aber auch zu Abonnentenverlusten bei jenen, die unmittelbar Anwendbares erwarteten, und trug wenig dazu bei, gezielt neue Leser zu gewinnen [14].

An jedem der Jahrgänge des genannten Zeitraums zwischen 2000 und 2009 waren 18 bis 20 Wissenschaftler und Praktiker unmittelbar beteiligt: als Herausgeber, als Beiratsmitglieder und als Moderatoren [15]. Die gemeinsam jeweils für ein Jahr im Voraus festgelegten Heftschwerpunkte [16] wurden von den Moderatoren (als die jeweiligen „Spezialisten“ für den Themengegenstand) mit eingeworbenen Beiträgen ausgefüllt.

Als Beispiel sei hier als naheliegender (und typischer) Jahrgang der von 2009 angeführt. Die sechs Hefte erschienen in einer Gesamtseitenzahl von 287. Die Heftschwerpunkte waren jeweils von 5 bis 8 Beiträgen (insgesamt im Jahrgang 36) untersetzt. Obwohl die Heftschwerpunkte ausweisen, dass die Schule und der Lehrer im Zentrum standen, wurden beide Themen ausgeweitet und in größere Zusammenhänge gestellt, als gemeinhin üblich [17]. So umschloss z. B. das Thema „Pädagogische Beratung – Start zum Handeln“ (H.5/2009) auch Studienberatung und Streitschlichtung und das Thema „Schulraum als Lernraum und Lebensraum“ (H.6/2009) auch Unfallprävention.

Im Rückblick auf die Geschichte des PÄDForum zeigt sich eine interessante Tendenz: Sowohl die Fusion mit anderen verwandten Zeitschriften [18] als auch die Gestaltung des Verhältnisses von Mainstream und Originalität waren Bestandteile der Existenzsicherung und der Überlebensstrategie der Zeitschrift in einer Zeit gravierender Veränderungen in den Formen der wissenschaftlichen Kommunikation und Erkenntnisverbreitung. Beide Überlebensstrategien sicherten immer nur einen begrenzten Existenzeitraum, waren aber immer mit einem Modernisierungsschub in Inhalt und Form sowie einer Präzisierungsphase in Hinblick auf die Themenbehandlung und den Themenbedarf verbunden. Es ist zu vermuten, dass in der Geschichte pädagogischer Fachzeitschriften ähnliche Entwicklungen generell zutreffen.

3. Mediale Wirksamkeit und pädagogische Kommunikation

Ohne Netzwerkbildung sind pädagogische Fachzeitschriften auf Dauer nicht lebensfähig, sofern sie sich nicht ausschließlich als Mitteilungs- und Anleitungsblätter verstehen. Jedoch hängen Existenz und Wirksamkeit solcher Zeitschriften vom Umfang und von der Qualität der Netzwerkbildung ab. Die Pflege von Kommunikation und Kooperation wird dabei entscheidend vom Verlag getragen beziehungsweise hat den Verlag und den Verleger als Bezugspunkt. „Das menschliche Element kann nicht hoch genug bewertet werden“[19] schreibt der Verleger Andreas Klinkhardt in der Festschrift zum 175. Jahr des Bestehens des Verlages Julius Klinkhardt, die unter dem Motto steht: „Verlegerisches Handeln zwischen Pädagogik, Politik und Ökonomie“. Diese entscheidende Verantwortung des Verlages wurde auch vom Beirat des PÄDForum anerkannt: Die Zeitschrift bildete eine kooperationsschaffende „wichtige Austauschform…..leider auf Kosten des Verlegers“[20], wie rückblickend geäußert wurde.

Auch mit dem PÄDForum konnten – gleichsam unter dem Dach des Verlages, mit Unterstützung des Verlegers und durch die Initiativen der Schriftleitung – alle beteiligten und mitwirkenden Herausgeber, Beiratsmitglieder, Moderatoren und Autoren professionelle Netzwerke ins Leben rufen und mit Leben erfüllen. Zu ihren positiven Besonderheiten dieser Netzwerke gehören ihre Überregionalität, ihre Internationalität, ihre Interdisziplinarität. Sie waren kommunikations- und kooperationsstiftend, entwickelten ungewöhnliche Themenstellungen mit ungewöhnlichen Blickrichtungen und Zusammensichtungen auf pädagogische, psychologische, soziale und gesellschaftspolitische Phänomene und trugen zur Autorengewinnung bei. Jedoch krankten diese Netzwerke an mangelndem Leserkontakt, an fehlenden genaueren Erkenntnissen über die Zusammensetzung der Leserschaft und es fehlte die Zusammenarbeit mit anderen Zeitschriften (wohl eine generelle Erscheinung). Das heißt: Die Zeitschrift führte weitgehend ein Eigenleben in Abhängigkeit vom Engagement des Verlages und der (ehrenamtlichen) Mitarbeit von fachkompetenten Herausgebern, Beiratsmitgliedern und letztlich der Schriftleitung und der Redaktion. Ihre Hauptwirkung beruhte auf der produktiven Zusammenarbeit der Herausgeber und der Beiratsmitglieder mit dem Verlag und untereinander als das grundlegende Netzwerk sowie auf dem zentralen Funktionieren der Schriftleitung. Es erschloss allen daran Beteiligten den Kontakt untereinander, zu den Arbeitsfeldern und Institutionen der Herausgeber und Beiratsmitglieder und zum Verlag.

Für das dauerhaftere Überleben der Zeitschrift hätte es jedoch einer Erweiterung des Netzwerkes an den jeweiligen Stationen um das Zentrum herum bedurft. Dies gelang nicht. Weder konnten die Beiräte und Moderatoren in ihrem jeweiligen Handlungsfeld die Zeitschrift als Quelle oder auch Diskursforum dauerhaft etablieren, noch blieben die Abonnentenzahlen konstant bzw. ökonomisch akzeptabel. Die abnehmenden Zahlen schwebten wie ein Damoklesschwert über jeder Herausgeber- bzw. Beiratssitzung, wurden aber bis Anfang 2009 von einem der Zeitschrift zugewandten und engagierten Verleger abgefedert [21].

Insbesondere in der kritischen Phase ab 2000 gab es verschiedene Versuche, das Netzwerk auszubauen, damit letztlich auch neue Leser zu gewinnen. So sollten Beiratsmitglieder als Multiplikatoren aktiviert werden. Es gab Versuche, an andere Netzwerke anzudocken. Beispielsweise wurden der GGE (Gemeinschaft für Gruppenarbeit in der Erziehung) Seiten „für ihre Mitteilung zur Verfügung gestellt“ (Protokoll der Herausgeber- und Schriftleitersitzung am 13.04.1997). Gezielt gestaltete Themenhefte, initiiert von Beiratsmitgliedern, wurden im Umkreis von Institutionen als Marketinginstrument genutzt und verbreitet. Im Rückblick schreibt eines der Beiratsmitglieder: „Alle Ausgaben der letzten 6 Jahre stießen in unserem Seminar (für das Höhere Lehramt an Gymnasien [in Sachsen]) auf großes Interesse, sie wurden in die pädagogisch-psychologische Ausbildung und in die Vorbereitung der Staatsexamensarbeiten rege einbezogen“ [22]. Auch an der Universität Mainz und der TU Berlin sowie der HdK bzw. UdK Berlin wurde die Zeitschrift in Seminaren genutzt, nicht zuletzt mit der Hoffnung, unter den Studenten Abonnenten zu gewinnen, aber auch mit der Absicht, den Blick für „neue Perspektiven und alternative Wahrnehmungsweisen“ zu öffnen und den „engführende(n) Blick auf – oft diskutierte – pädagogische Themen auf(zu)brechen… das könnte auch Studenten für die Zeitschrift interessieren und als Abonnenten gewinnen“ (Protokoll der Herausgeber- und Schriftleitersitzung am 27.03.1999). Das enttäuschende Ergebnis interpretierte ein Beiratsmitglied mit der „fehlenden nicht nur studentischen Zeitschriftenkultur, die im Unterschied zu den mir gleichfalls bekannten Gebieten der Psychologie und Medizin bei Pädagogik-Studierenden, aber auch bei Lehrenden leider sehr viel zu wünschen übrig lässt“[23].

Einen gewissen Erfolg hatte der Versuch, Netzwerkarbeit über die Akquise von Autoren zu leisten. Das gelang einerseits den Moderatoren bei der Gestaltung ihres Schwerpunkts, andererseits über die Einführung einer neuen Reihe „Praxisreports“ ab 2006, für die junge Kollegen, Studierende in Studium und Praktikum, aber auch Eltern und Schüler gewonnen werden sollten und wurden. Zwar gelang es damit, Autoren zu gewinnen, nicht aber das Netzwerk wirklich auszubauen.

Aus dem Kreis des Beirates gab es 1997 eine Initiative des Instituts für Sozialpädagogische Berufliche Bildung in Wuppertal (Bernd Benikowski), die zunächst eher mit Zurückhaltung oder Skepsis aufgenommen wurde. Im Protokoll der Herausgeber- und Beiratssitzung vom 11.04.1997 heißt es dazu: „Jenseits von unkritischer Euphorie, aber auch jenseits verteufelnder Medienkritik plädiert der Kreis für eine begrenzte, kritische und finanziell tragbare Nutzung … Neue(r) Medien.“ Schon zu diesem Zeitpunkt ging es in der internen Debatte um das Verhältnis bzw. die Konkurrenz von digitalem Auftritt und der Druckfassung der Zeitschrift. Im genannten Protokoll heißt es: „Gedrucktes und Elektronisches dürfen nicht identisch sein, stattdessen gilt es, die `gemeinsamen Schnittmengen` ... ebenso zu ermitteln wie das jeweils Spezifische an Informationen“. Die Diskussion zur Funktion, zum Inhalt sowie zu den Realisierungsressourcen für ein digitales PÄDForum in den nachfolgenden Sitzungen sowie schließlich 2006 die Vergabe von konkreten Arbeitsaufträgen zur Gestaltung eines Internetauftrittes an die TU Kaiserslautern und die Vorstellung der modellhaften Realisierung vor den Beiratsmitgliedern am 17. Februar 2007 wurden zwar allseits begrüßt, ein endgültiges Ergebnis über die Projektionsphase hinaus wurde jedoch nicht erreicht.

Von besonderer Bedeutung war jedoch das funktionierende Netzwerk, das dem Verlag und der Zeitschrift mit dem Herausgeberkreis und dem Beirat zur Verfügung stand. Es garantierte die anspruchsvolle Gestaltung der Zeitschrift, ermöglichte die interdisziplinäre Diskussion, förderte die wissenschaftliche Kommunikation und bot den Mitgliedern dieses Netzwerkes die Möglichkeit, als Moderatoren Themen zu bearbeiten oder in den verschiedenen und wechselnden Rubriken der Zeitschrift Ansichten, Meinungen, Beiträge usw. zu veröffentlichen [24]. Die Rubriken boten individuellen Gestaltungsraum, wurden in der Regel direkt von einzelnen Beiratsmitgliedern vorgeschlagen und gestaltet.

Der Begriff „Soziales Netzwerk“ bezieht sich auf die Beschreibung sozialer Interaktionen. Das Modell des Netzwerkes macht es dabei möglich, soziale Beziehungen und Interaktionen als strukturierte und Sinn stiftende Verknüpfungen zu betrachten, die anders als eine rationale, zweckgerichtete Organisation „kein ‚Hauptziel‘ haben, sondern sehr unterschiedliche Ziele einzelner Akteure und durch sie auch einzelner Gruppen verknüpfen“[25]. Tatsächlich kann die Zeitschrift in diesem Sinne als Netzwerk gelten. Es finden sich unterschiedliche, in sich jedoch vereinbare Interessen: die ökonomischen Ziele des Verlegers genauso wie die Präsentation der wissenschaftlichen Expertise der beteiligten Wissenschaftler. In den Äußerungen der Netzwerkbeteiligten wird deutlich, dass die Mitarbeit im Zeitschriftennetzwerk eben auch dazu diente, die eigene wissenschaftstheoretische Position einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. So war stets wichtig, die Themen des eigenen Arbeitsfeldes in entsprechenden Heftschwerpunkten zu platzieren, gepaart mit dem Engagement, dann ein solches Heft jeweils als Moderator und unter Mitarbeit von Fachkollegen aus der näheren beruflichen Umgebung (Institut, Universität, Verband) zu realisieren. Diese Form der Netzwerkarbeit mit hohem Maß an Gestaltungsfreiheit, die „unterschiedlichen Denkrichtungen, (die) zum Tragen kamen“[26] wurde im Nachhinein als sehr positiv wahrgenommen [27]. Insofern kann das PÄDForum exemplarisch als ein wissenschafts- und disziplinorientiertes (Experten)Netzwerk gelten, das in starkem Maße der Selbstvergewisserung der Beteiligten dienen kann [28]. Daraus ergibt sich in der Rückschau eine gewisse Eigentümlichkeit dieses und vergleichbarer Netzwerken: Es war vorrangig nach innen gerichtet; die Adressaten blieben eine weithin unbekannte Größe. Themen, Bedeutungen und Deutungen wurden generalisiert, etabliert, generiert und autorisiert ohne ein entscheidendes Feedback außerhalb des Netzwerkes. Gleichzeitig erinnern die befragten Beiräte die Attraktivität des Netzwerkes eben auch als ein produktives Aufeinandertreffen „unterschiedlicher Denkrichtungen“ [29]. Das eben sei „netzwerkbildend“ gewesen und zugleich ein Anstoß, sich mit Fragen zu befassen, die nicht im engen Zentrum der eigenen Schwerpunktforschung lagen, zu denen sich aber wissenschaftlich vertretbare Brücken schlagen ließen“[30]. Darin wird ein entscheidender Gewinn gesehen: „Ich bin überzeugt, dass wissenschaftliche Zeitschriften … für die Diskurskultur einer Disziplin eine entscheidende Rolle spielen. Ohne Zeitschriften möchte ich mir eine wissenschaftliche Disziplin nicht vorstellen“, äußerte sich rückblickend ein Beiratsmitglied [31]. Zu den Besonderheiten des an sich mit dem Ende der Zeitschrift abgeschlossenen Netzwerkes gehört diese anhaltende Nachwirkung.

4. Was bleibt?

Der interessante Gedanke, dass Verlage mit professionsbezogenen Zeitschriften Netzwerke schaffen und nutzen, die über Verlagsabsichten und Marktlage hinaus in der jeweiligen Profession (im weitesten Sinne) ein interdisziplinäres, überregionales, internationales, Theorie und Praxis verbindendes „Eigenleben“ entwickeln können, lohnt weiterer Untersuchungen. Dabei ist von Folgendem auszugehen:

Die Existenz und der Zielbereich professionsbezogener Zeitschriften – an dieser Stelle geht es um Pädagogik im weiten Sinne – sind Bestandteil des Zustandes der Zeitschriftenlandschaft, dieser ist wiederum abhängig vom Leserinteresse und von Lücken, die durch bildungspolitische Wenden und neue Schwerpunktsetzungen hervorgebracht werden. Es besteht durchaus ein „Zeitschriftennetzwerk“, in dem alle erkennbaren Fachbereiche besetzt sind, sofern sich interessierte Leser finden, Abonnenten oder Sponsoren dem Verlag Gewinn versprechen und das Verlagsprofil repräsentiert und beworben werden kann. Obwohl es üblich ist, dass Zeitschriften im wechselseitigen Austausch des jeweils neuesten Heftes voneinander Kenntnis nehmen, hält sich die Zusammenarbeit in deutlichen Grenzen. Als sich im März 1998 der damalige DGfE-Kongress mit Problemen der Mediengesellschaft befasste, waren auch Vertreter der pädagogischen Zeitschriften nach Hamburg zu einem Gespräch eingeladen worden. Der Erfahrungsaustausch blieb, wie sich zeigte, zurückhaltend. Ergebnisse zur Förderung einer möglichen Zusammenarbeit wurden nicht erreicht.

Das heißt: Von Zeitschriften getragene und durch sie geförderte professionsbezogene Netzwerke sind fast ausschließlich verlagsintern bzw. verlagsbezogen wirksam, was mit hoher Wahrscheinlichkeit konkurrenzbedingt ist [32]. Obwohl sämtliche Zeitschriften mit vergleichbaren Problemen inhaltlicher und finanzieller Art konfrontiert sind – das wurde auch in Hamburg deutlich – ,kann von einer Zusammenarbeit, die wesentlich über Verlagsgrenzen hinausgeht, bis heute kaum gesprochen werden. Das trifft auch auf die Zeitschrift PÄDForum zu. Unübersehbar ist dennoch die Wirksamkeit solcher Zeitschriften innerhalb der Verlagsbindung.

Das PÄDForum ist Geschichte. Die Zeitschrift integriert in den Anfangsjahren pädagogische Bestrebungen in der „alten“ Bundesrepublik, wird von den Ereignissen der Jahre 1989/90 und den Bestrebungen des Umbruchs in der „alten“ DDR unmittelbar berührt, nimmt die 68er-Zeitschrift PÄD EXTRA auf und wendet sich schließlich unter dem Eindruck von PISA der Unterrichtspraxis, dem Unterricht, dem Lehrer und der Schule verstärkt zu. Immer waren es aber nicht nur die pädagogischen, sozialen oder politischen Veränderungen, die die neuen Akzente primär setzten, sondern auch der wirtschaftliche Druck, eben jenes verlegerische Handeln zwischen Pädagogik, Politik und Ökonomie. Ohne ein tragendes Netzwerk von Mitwirkenden, erweitert durch interessante Themen, spannende Diskussionen, ungewöhnliche Fragestellungen, ohne eine engagierte Schriftleitung und ihr kontinuierliches kreatives Engagement, ohne einen Verleger, dem dieses Netzwerk lieb und wert war, obwohl es nur „Prestigekapital“ eingebracht hat, wäre das PÄDForum und die daraus entstandene anhaltende Kommunikation und Kooperation nicht möglich gewesen.

Das PÄDForum hatte seine Zeit. Und hat sie ausgefüllt.

Anmerkungen


[1] Vgl. dazu Aussagen von Werner Sacher zum Absatz wissenschaftlicher Fachliteratur. Was hier auf Buchpublikationen bezogen ist, trifft durchaus auch auf entsprechende Zeitschriften zu (Werner Sacher: Verleger und Wissenschaftler – eine spannungsreiche Beziehung. In: Uwe Sandfuchs/Jörg-W. Link/Andreas Klinkhardt (Hrsg.): Verlag Julius Klinkhardt 1834-2009 / Verlegerisches Handeln zwischen Pädagogik, Politik und Ökonomie. Bad Heilbrunn 2009, S.185-195, hier: S.189f.)

[2] Unter anderen: Prof. Dr. Hans Christoph Berg (Marburg), Dr. Christopher Dannenmann (für das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands e. V.), German Hanke (für die Aktion Humane Schule e. V.), Prof. Dr. Hildegard Holtstiege (für die Aktionsgemeinschaft Deutscher Montessori-Vereine), Prof. Dr. Hans Jörg (für Freinet-Pädagogik), Prof. Dr. Theodor F. Klaßen (für den Arbeitskreis Peter Petersen e. V.), Dr. Ernst Michael Kranich (für den Bund der Freien Waldorffschulen), Prof. Dr. Hermann Röhrs (für die internationale Reformpädagogik), Heinrich Thies (für den Verband Deutscher Schullandheime e. V.), Prof. Dr. Johann Peter Vogel (für die Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime e. V.)

[3]Prof. Dr. Friedrich Buchberger (Linz), Dr. Rudolf Meraner (Bozen – für den Arbeitskreis Südtiroler Mittelschullehrer), Prof. Dr. Heinz Moser (Uster), Prof. Dr. Wincenty Okoń (Warschau), Göte Rudvall (Malmö).

[4] Der Untertitel der Zeitschrift lautete in den 1960er Jahren: Wissenschaftliche Nachrichten des DPZI.

[5] Dr. Volkhard Peter war bis 1993 Mitglied der Schriftleitung, die aus Prof. Dr. Rainer Winkel und Prof. Dr. Ernst Meyer bestand.

[6] Bereits in Heft 1/1991 erschien ein Beitrag des neuen Mitglieds der Schriftleitung über die „Bildungsdiskussion in der DDR zwischen 40.Jahrestag [der DDR im Oktober 1989] und Beitritt [Oktober 1990]“ (Volkhard Peter in: Pädagogisches Forum 1/1991, S. 22-29).

[7] Heft 3/1992 war z. B. als sogenanntes „Themenheft“ der „anderen“ Pädagogik in östlichen Ländern, deren Alternativen zur tradierten Pädagogik und Reformansätzen in Vergangenheit und Gegenwart gewidmet. Unter anderem bot der in diesem Heft abgedruckte Einführungsvortrag von Andreas Flitner zu einer Tagung des Thüringischen Kultusministeriums, gehalten am 31. Januar 1992 (Andreas Flitner: Reformpädagogische Themen heute. A.a.O., S. 109-114) Ansatzpunkte zur gemeinsamen Diskussion von Ost und West.

[8] Die Entstehung, Existenz und Wirkungsweise von Kooperationen und Netzwerken gehört zu den aktuellen Themen, denen sich gegenwärtig auch die Historische Bildungsforschung widmet (so die Jahrestagung 2011 der Historischen Sektion der DGfE vom 16.-18.09.2011 in Basel).

[9] Die Zeitschrift wurde mit 820 Abonnenten und der Absicht übernommen, „75 bis 80 beider Leserschaften (zu) erhalten“ (Protokoll der Herausgebersitzung vom 30.11.2002).

[10] Bis zu diesem Zeitpunkt wurden alle Beiträge, auch die des Schwerpunktthemas, den Bereichen Schule, Erwachsenenbildung und Sozialpädagogik zugeordnet.

[11] Prof. Dr. Georg Hörmann (Bamberg) im Rückblick. Herausgeber und Mitglieder des Beirats wurden gebeten, auf einen rückblickenden Fragebogen Auskunft über die Eindrücke ihrer Mitwirkung am PÄDFo sowie zur Wirkungsgeschichte der Zeitschrift zu übermitteln. Einige der Antworten wurden im Text wiedergegeben bzw. zitiert.

[12] Prof. Dr. Georg Hörmann ebd.

[13] In der Regel setzte sich die Schriftleitung aus drei Personen zusammen. Während des gesamten Zeitraums wirkte Prof. Dr. Rainer Winkel (Berlin/Essen) führend in ihr mit, über längere Zeiträume unterstützt von Prof. Dr. Christine Lost (Berlin) und apl. Prof. Dr. Christiane Griese (Berlin) sowie zeitweise von Dr. Oskar Seitz (Nürnberg). Die Schriftleitung verantwortete das jeweils aktuelle Heft vor dem Verlag und gestaltete in Zusammenarbeit mit den Moderatoren und Autoren das Heft abschließend in Inhalt und Form.

[14] So sanken die Abonnentenzahlen zwischen dem März 2005 und April 2006 um 20 Prozent (Protokolle der Herausgebersitzungen), was allerdings auch einer allgemeinen Tendenz auf dem Zeitschriftenmarkt entsprach.

[15] In den genannten Jahrgängen waren vertreten: Universitäten und Hochschulen in Kaiserslautern, Berlin, Nürnberg, Bamberg, Oldenburg, Bonn, Erlangen, in der Schweiz, Frankfurt am Main, sowie Schulpraktiker, Lehrerbildner, Erwachsenenbildner aus Dresden, Berlin, Bonn. Jeder der Vertreter dieser Einrichtungen, der die Moderation eines Heftschwerpunktes übernommen hatte, multiplizierte den Autorenkreis um weitere Einrichtungen durch die Gewinnung geeigneter Autoren.

[16] Es handelt sich dabei um Heftschwerpunkte, die etwa die Hälfte bis zwei Drittel des Heftes ausmachen, nicht jedoch um „Schwerpunkthefte“.

[17] Um einen Einblick in Themen und Netzwerke zu geben, werden nachfolgend die Heftschwerpunkte 2009 und die sie verantwortenden Moderatoren aufgelistet:

H.1/09: Von Beruf: Lehrer (Hans Döbert / Christian Magnus Ernst / Susan Seeber),

H.2/09: Be-WERT-ungen (Volker Ladenthin),

H.3/09: Der Berufseinstieg von Lehrern (Heinz Moser),

H.4/09: Privat contra öffentlich – ein Schulkonflikt (Max Liedtke),

H.5/09: Pädagogische Beratung – Start zum Handeln (Rolf Arnold),

H.6/09: Schulraum als Lernraum und Lebensraum (Hans-Ulrich Grunder).

[18] In der Regel handelte es sich um die verlagsgeregelte Übernahme von Zeitschriften in den Schneider Verlag und deren Integration in das PÄDForum.

[19] Uwe Sandfuchs/Jörg W. Link/Andreas Klinkhardt (Hrsg.): a.a.O., S.182.

[20] Prof. Rolf Arnold (Kaiserslautern) auf dem rückblickenden Fragebogen.

[21] Nach Durchsicht der Protokolle der Beirats- und Herausgebersitzungen.

[22] Prof. Dr. Sylvia Mebus (Dresden).

[23] Prof. Dr.Georg Hörmann (Bamberg)

[24] Zum Beispiel „Praxisreport“, „Klassische Pädagogische Texte“ bzw. „Mein pädagogischer Klassiker“, „Pädagogische Augenblicke“, „Farbe bekennt …“, „Aphorismen und andere Kränkungen“, „Der pädagogische Witz“.

[25] Stichwort: Soziales Netzwerk (http://de.wikipedia.org/wiki/Soziales_Netzwerk_28Soziologie29, Zugriff: 15. 8. 2011).

[26] Wolfgang Münzinger (Frankfurt a. Main)

[27] Prof. Dr. Hans-Ulrich Grunder (Solothurn/Schweiz) erinnert an „viel Gestaltungsraum“ als Beiratsmitglied und Moderator.

[28] Werner Sacher spricht in seinem Beitrag „Verleger und Wissenschaftler – eine spannungsreiche Beziehung“ (in: Uwe Sandfuchs / Jörg W. Link u.a., a.a.O., S.185-195) von „Prestigekapital“ (ebd., S.191), das mit Publikationen zu gewinnen sei. Und er bedauert, dass die persönliche Nähe zwischen dem Autor und seinem Verleger“ gegenwärtig mehr und mehr verlorenzugehen droht (ebd., S.194).

[29] Prof. Dr. Sylvia Mebus (Dresden).

[30] Prof. Dr. Max Liedtke (Nürnberg).

[31] Prof. Dr. Gundel Mattenklott (Berlin).

[32] Im Unterschied zur relativ isolierten Existenz der pädagogischen Zeitschriften ist die Zusammenarbeit zwischen den entsprechenden Verlagen deutlich weiter gediehen. Dazu auch: Uwe Sandfuchs/Jörg-W. Link u.a.: Verlegen im Netzwerk, S.209-235.
Schlagwörter: Bildungsgeschichte; Pädagogische Zeitschrift
Eingetragen von: barkowski@dipf.de
Erfassungsdatum: 24. 01. 2012
Korrekturdatum: 24. 01. 2012