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HBO Datenbank - Bericht

Autor: Basikow, Ursula; Harik, Sabine
Titel: Adolf-Reichwein-Archiv erschlossen
Erscheinungsjahr: 2001
zusätzl. Angaben zum Autor: Bibliothek fuer Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts fuer Internationale Paedagogische Forschung
Text des Beitrages:
 

Das Adolf-Reichwein-Archiv befindet sich seit 1997 als Depositum des Adolf-Reichwein-Vereins e. V. im Archiv der zum Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung gehörenden Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, Berlin.
Finanziert durch die Robert-Bosch-Stiftung war es möglich, das Reichwein-Archiv innerhalb eines Jahres archivisch zu erschließen, so daß es seit dem 1. Juli 2000 sowohl über eine konventionelle Bestandsübersicht als auch über eine Datenbank recherchierbar ist. Im Internet findet man es im Nachlaß- und Autographenkatalog des Archivs der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung unter der Adresse www.bbf.dipf.de . Wir empfehlen dem Benutzer, der Benutzerin, das Register "Titel und Stichworte" zu wählen und in die Suchmaske "Adolf Reichwein -" einzugeben. So erhält er / sie eine Übersicht über die Struktur der Sammlung und kann sich dann die einzelnen Gruppen, bei denen unter zehn Einträge angezeigt werden, im Detail zeigen lassen. Bei einer größeren Menge an Eingaben muß mit Hilfe der kombinierten Suche eingeschränkt werden, z. B. "Adolf Reichwein - Briefe an Privatpersonen", Entstehungsjahr 1940 bis 1942 oder "Adolf Reichwein - Briefe an Privatpersonen, Klauk, Walter".
Einen weiteren sehr guten Zugang bildet das Register "Personen und Körperschaften", in dem in die Suchmaske der Name der gesuchten Person oder Körperschaft einzugeben ist.
Wählt man die kombinierte Suche, muß in die erste Zeile der Suchmaske immer der Name "Reichwein" und in die zweite Zeile der Name der gesuchten Person oder Körperschaft eingegeben werden. Trägt man also in die erste Zeile "Reichwein" und in die zweite Zeile nach Anklicken der Bezeichnung Personen "Albert KREBS" ein, erhält man alle im Reichwein-Archiv vorhandenen Einträge zu Albert Krebs.
Die Suche nach Stichwörtern gestaltet sich etwas schwieriger, da man ein Wort wählen muß, das entweder in einem Titel oder in der Beschreibung eines Dokuments vorkommt. Hier sollte der Benutzer / die Benutzerin experimentieren. Werden z.B. die Gerichts- oder Prozeßakten Reichweins gesucht, so trifft das Wort "Volksgerichtshof" zu, und der entsprechende Eintrag über die Fotokopie des Urteils erscheint. Will man etwas über den Widerstand Reichweins gegen den Nationalsozialismus erfahren, gibt man den Begriff "Widerstand" ein und erhält acht Einträge, die sich zum Teil auf Hochschulschriften und Freundeserinnerungen zumThema, zum Teil auf Reichweins Teilnahme am Kreisauer Kreis beziehen. Bei den beiden letztgenannten Beispielen klappt die Kombination mit dem Namen Reichweins nicht, weil die Eingaben anders aufgebaut sind, man muß die Suchwörter einzeln eingeben.
Für Anfragen stehen die Mitarbeiterinnen des Archivs gern zur Verfügung. Es kann auch eine angegebene e-mail-Adresse genutzt werden.
Wie umfangreich der Bestand ist, geht schon daraus hervor, daß die als Manuskript vorliegende Bestandsübersicht 104 Seiten umfaßt. Im Magazin ist die Sammlung in 20 Regalmetern untergebracht.
Es handelt sich nach Wolfgang Mommsen um einen "unechten Nachlaß" des Pädagogen, Volkskundlers und Widerstandskämpfers Adolf Reichwein (1898-1944) . Die Sammlung wurde posthum zusammengetragen und bildet bis heute die Grundlage für Biographien, Bibliographien, Dissertationen, Examensarbeiten und Editionen.
Adolf Reichwein selbst hat keinen Nachlaß überliefern können, da die Berliner Wohnung der Familie Reichwein im August 1943 ausgebombt worden ist. Um den Verlust auszugleichen, bemühte sich nach 1945 seine Witwe, Rosemarie REICHWEIN, gemeinsam mit Freunden und Weggefährten Materialien unterschiedlichster Art zu finden, die Leben, Werk und Wirkung Reichweins erfassen. Entstanden ist eine Sammlung, die mit Briefen, Drucken, Erinnerungs-, Bild-, Ton- und Bildtondokumenten, Kunstwerken, Plakaten und zeitgeschichtlichen Materialsammlungen unterschiedlich dicht die Lebensabschnitte dieser vielseitigen Persönlichkeit beleuchtet. Dabei konnten vielfach nur Kopien aus Institutionen und von Privathand übernommen werden. Frühe Privatbriefe, Erinnerungen von Zeitzeu-gen, Druckvorlagen von Reichweins Veröffentlichungen sowie zahlreiche Fotos liegen auch im Original vor. Kopien und Abschriften von Vorlagen aus amtlicher Provenienz sind aus anderen Archiven laufend ergänzt worden.
In der langen Geschichte des Bestandes haben viele Hände an ihm gearbeitet und immer wieder neue Ordnungsprinzipien angewandt. Eine Signierung ist allerdings nie vorgenommen worden. Bei der nunmehr endgültigen Verzeichnung wurde der Bestand in Gruppen unterteilt, die durchaus durch weitere Funde ergänzt werden können, und signiert. Das erleichtert sowohl den Benutzern als auch den Archivarinnen das Auffinden bzw. das Bereitstellen der Materialien.
Bestandsgruppen sind: Lebensdokumente, unterteilt in Persönliches wie Lebenslauf, Doktorurkunde, Hochzeitsanzeige, Urteil des Volksgerichtshofes, persönliche Widmungen von Adolf Reichwein und Unterlagen aus seiner beruflichen, publizistischen und politischen Tätigkeit. Die Dokumente wurden in den jeweiligen Gruppen chronologisch geordnet. So gibt es Aussagen über die Zeit Reichweins an der Volkshochschule in Jena, im Preußischen Kultusmisterium Berlin und über Reisen, die er in der Zeit von 1919 bis 1930 unternommen hat.
Vorhanden sind Belege aus der Tätigkeit Reichweins an der Pädagogischen Akademie in Halle an der Saale von 1930 bis 1933, unter anderem ein Verzeichnis von Veranstaltungen, die dort unter Reichweins Leitung oder auf seine Veranlassung hin durchgeführt worden sind.
Ein weiterer wesentlicher Abschnitt in Reichweins Leben war seine Versetzung an die Dorfschule Tiefensee, wo er von 1933 bis 1939 arbeitete, der allerdings hauptsächlich durch zahlreiche Fotos aus dem Schulleben dokumentiert ist, die zum großen Teil in der Schrift "Schaffendes Schulvolk" abgebildet, z. T. aber auch noch unveröffentlicht sind.
1939 wurde Reichwein Mitarbeiter am Staatlichen Museum für deutsche Volkskunde in Berlin, an dem er bis zu seiner Inhaftierung wirkte. Aus dieser Zeit sind einige Manuskripte erhalten. Wenig dokumentiert ist der Sache entsprechend der Widerstand Reichweins gegen die Nationalsozialisten im Kreisauer Kreis. Es sind einige Dokumente aus der Arbeit dieses Kreises vorhanden, u.a. die Kopie eines manschinenschriftlichen Manuskriptes: Gedanken über Erziehung vom 18. 10. 1941, an dem Reichwein mitgearbeitet hat.
Eine weitere große Bestandsgruppe umfaßt die Korrespondenz Adolf Reichweins. Die Mehrzahl der Briefe sind lediglich als Kopien vorhanden, der Standort der Originale konnte nicht in jedem Falle ermittelt werden. Die meisten von ihnen sind in dem 1974 erschienenen, von Ursula SCHULZ herausgegebenen und kommentierten Briefband: "Adolf Reichwein: ein Lebensbild aus Briefen und Dokumenten" bzw. in der 1999 herausgekommenen, zweiten wesentlich erweiterten Auflage: "Adolf Reichwein: Pädagoge und Widerstandskämpfer: ein Lebensbild in Briefen und Dokumenten (1914-1944), herausgegeben von Gabriele C. PALLAT, Roland REICHWEIN und Lothar KUNZ mit einer Einführung von Peter STEINBACH, veröffentlicht worden.
Eine große Bestandsgruppe umfaßt die Werke Adolf Reichweins. Hier liegt der Wert des Archivs darin, daß nahezu alles von Reichwein Geschriebene, auch frühe Aufsätze und Rezensionen aus heute nur schwer zugänglichen Zeitschriften in Kopie zusammengetragen wurde. Das Findbuch erfaßt sie in chronologischer Reihenfolge nach Ullrich AMLUNG: Adolf Reichwein 1898 - 1944; eine Personalbibliographie. Marburg 1991 (Schriften der UB Marburg). In der Datenbank findet man sie im Register 2 unter Adolf Reichwein - Manuskripte, Adolf Reichwein - Veröffentlichungen Druckbelege und Adolf Reichwein - Veröffentlichungen Kopien bzw. unter Titelstichwörtern.
Eine weitere umfangreiche Bestandsgruppe bilden Schriften zum Leben, Werk und zur Wirkung von Adolf Reichwein, untergliedert in zeitgenössische Veröffentlichungen, Freundeserinnerungen, Gedenkreden und -aufsätze, Dokumentensammlungen zu Werk- und Briefeditionen, Hochschulschriften, Arbeitsmaterialien zur Zeitgeschichte, Bild-, Ton- und Bildtonmaterialien. Zu letzteren gehören eine sehr umfangreiche Fotosammlung, die gern als Grundlage für die Erarbeitung von Ausstellungen über Reichwein verwendet wird, Videokassetten mit Filmen über das Leben Reichweins sowie Tonkassetten unter anderem mit Zeitzeuginnenbefragungen. Kopien dieser Kassetten können im Archiv unter Angabe des Verwendungszwecks ausgeliehen werden.
Das Vereinsarchiv des Adolf-Reichwein-Vereins mit seinen Sammlungen von Materialien der Adolf-Reichwein-Schulen und zwei ebenfalls zur Ausleihe angebotene Wanderausstellungen gehören ebenfalls zum Bestand.
Das Archiv wird laufend durch neue Veröffentlichungen ergänzt und dokumentiert die Aktivitäten zu Gedenktagen wie z.B. zum 100. Geburtstag von Reichwein. Weitere Reichweiniana oder Hinweise auf den Standort entsprechender Dokumente werden gern entgegengenommen.

Erfassungsdatum: 26. 01. 2001
Korrekturdatum: 02. 04. 2004