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HBO Datenbank - Rezension

Rezensent(in): Horn, Klaus-Peter
Rezensiertes Werk: Zeitschriften, Zeitungen 1739 bis 1932 : Verzeichnis der Bestände der ehemaligen deutschen Lehrer-Büchereien Comenius-Bücherei, Leipzig; Deutsche Lehrerbücherei, Berlin; Süddeutsche Lehrerbücherei, München. - Berlin: Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, 1998. - 320,X S.; 17,- DM (Bestandsverzeichnisse zur Bildungsgeschichte, hrsg. v. Marion Bierwagen und Christian Ritzi, Bd. 7); ISBN 3-88494-179-8
Erscheinungsjahr: 1999
zusätzl. Angaben zum Rezensenten:
Dr. Horn, Klaus-Peter
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Allgemeine Pädagogik, Abt. Historische Erziehungswissenschaft
(kphorn@educat.hu-berlin.de)

Text der Rezension:

 
Wie bespricht man ein Bestandsverzeichnis von Bibliotheken? Die üblichen Kritierien für eine Buchbesprechung
scheinen auf den ersten Blick nicht zu passen. Mit der Zeit stellt man aber fest, dass man auch das Bestandsverzeichnis
ähnlich liest und bewertet. Ein Bestandsverzeichnis ist, dies muss zu Beginn festgehalten werden, etwas anderes als eine
Bibliographie. Die Unterscheidung sollte man immer im Kopf behalten, um nicht Erwartungen zu hegen, die an eine
Bibliographie zu Recht, an ein Bestandsverzeichnis aber zu Unrecht gestellt werden. Eine Gesamtübersicht über alle
(pädagogischen) Zeitschriften bis 1932 ist also nicht zu erwarten. In diesem Band werden lediglich die 1739 bis 1932
erschienenen Zeitschriften und Zeitungen aufgeführt, die in den drei früheren Lehrerbüchereien (Pädagogische
Centralbibliothek Leipzig, heute als Comenius-Bücherei in die Universitätsbibliothek Leipzig
integriert; Deutsche Lehrerbücherei Berlin, jetzt Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin; Süddeutsche
Lehrerbücherei München, jetzt Teil der Münchener Stadtbibliothek) vorhanden sind.



Das Anfangsjahr des Verzeichnisses ergibt sich zwangsläufig aus der Tatsache, dass die älteste Zeitschrift im Bestand,
die "Göttingische Zeitungen von gelehrten Sachen", zuerst 1739 erschien; die älteste pädagogische Zeitschrift im
Bestand und zugleich älteste pädagogische Zeitschrift überhaupt, die "Acta scholastica, worinnen nebst einem
gründlichen Auszuge derer auserlesensten Programmatum der gegenwärtige Zustand derer berühmtesten Schulen und der
dahin gehörigen Gelehrsamkeit entdeckt wird", wurde erstmals im Jahr 1741 veröffentlicht. Das Enddatum des
Verzeichnisses wird durch ein politisches Datum gesetzt, die Machtübernahme der Nationalsozialisten Ende Januar
1933. Diese hintere Begrenzung ist zwar pragmatisch vertretbar, angesichts der weiteren Entwicklung der
(pädagogischen) Zeitschriften aber wäre die Zäsur besser mit dem Jahr 1944 gesetzt, als die letzten Zeitschriften in
Deutschland infolge der Kriegsentwicklungen eingestellt wurden. In den Jahren seit 1945 knüpften nur sehr wenige
Zeitschriften (z.B. Die Deutsche Schule, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik, Die Scholle) direkt an die
Vorgänger bis 1944/45 an. Aber da mit einer Fortsetzung im Rahmen der Bestandsverzeichnisse zu rechnen ist, ist dies
kein gravierender, sondern lediglich ein temporärer Mangel.



Entsprechend der Geschichte der drei Bibliotheken bilden die schulpädagogischen Zeitschriften die Mehrheit; neben
allgemeinpädagogischen Zeitschriften kommen Zeitschriften aus anderen pädagogischen Feldern zwar vor, doch ist die
Auswahl der Erwachsenenbildungs-, sozialpädagogischen oder sonderpädagogischen Zeitschriften keinesfalls
repräsentativ. Relativ häufig sind hingegen Jugendzeitschriften vertreten, darunter Titel wie "Treuhilde, den deutschen
Mädchen in Stadt und Land dargeboten" (erschienen 1910/11-1934/35) oder "Jung-Siegfried, der deutschen Jugend
dargeboten" (1909/10-1941).



Die Zeitschriften werden in alphabetischer Reihenfolge präsentiert, wobei bibliothekarischen Regeln gemäß zwar
bestimmte und unbestimmte Artikel bei der Sortierung übergangen wurden. Da aber die Titel vieler Zeitschriften mit
unspezifischen Anfangswörtern wie "Blätter", "Zeitschrift", "Jahrbuch", "Monatsblatt", "Monatsblätter",
"Monatshefte", "Monatsschrift" oder gar "Neue ..." bzw. "Neuere ..." beginnen, erweist sich die alphabetische Sortierung
als ein Manko, wenn man das Bestandverzeichnis nicht nutzt, um nach einer bestimmten Zeitschrift zu suchen, sondern
dazu, Zeitschriften einer bestimmten Zeit oder zu einem bestimmten Gegenstand. Auch wenn es sich eben um ein
Bestandsverzeichnis, und nicht um eine Bibliographie handelt, wird es doch Situationen geben, dass Nutzer ausgehend
von einem Fund nach weiteren einschlägigen Zeitschriften suchen wollen. Dann spätestens wären Register als
Hilfsmittel zur systematischen Suche doch angebracht. Da die entsprechenden Datensätze offensichtlich aus der
elektronisch vorliegenden Zeitschriftendatenbank stammen, sollte die Erstellung von Registern nicht allzu aufwendig
sein. So muss man aber die gesamte Liste durcharbeiten, um keine eventuell einschlägige Zeitschrift zu verpassen.



Sucht man z.B. nach heilpädagogischen Zeitschriften, kann man unter A die "American Annals of the Deaf" finden;
unter E steht dann die im Untertitel als "Zeitschrift für Heilpädagogik" spezifizierte Zeitschrift "Eos" oder unter B die
in mehreren Jahrgängen vorhandenen "Bericht(e) über die ... Konferenz des Vereins für Erziehung, Unterricht und Pflege
Geistesschwacher". Interessiert an der Waldorfpädagogik ist es für den Nutzer auch nicht auf Anhieb klar, dass man
unter Z bei der Zeitschrift "Zur Pädagogik Rudolf Steiners" fündig werden kann. Ähnliche Beispiele könnte man für
örtliche und regionale Differenzierungen oder v.a. für die verschiedenen Felder der schulischen Zeitschriften
(Mädchenbildung, Elementarbildung und Volksschule, Mittlere und höhere Schule, Didaktik, Unterrichtsfächer,
u.v.a.m.) anführen.



Das Bestandsverzeichnis weist konsequenterweise auch nicht-pädagogische Zeitschriften nach, die in unterschiedlichem
Maße in Beziehung zu pädagogischen Fragen stehen und durchaus Aussagen über die Sammelgeschichte v.a. der früheren
Deutschen Lehrerbücherei erlauben. So ist in den Beständen von Kunst- und Musikzeitschriften (z.B. "Meister der
Malerei" oder "Melos. Jahrbuch für zeitgenössische Musik" aus den 1920er Jahren) über heimatkundliche Zeitschriften
(z.B. "Alt-Gunzenhausen" oder diverse Heimat-Kalender vornehmlich in der Comenius-Bücherei) bis hin zu
naturwissenschaftlichen, stenographischen, psychologischen und philosophischen Zeitschriften doch ein recht
signifikanter thematischer Ausschnitt aus der Zeitschriftenlandschaft zu finden, bieten doch diese Zeitschriften auch
einen Einblick in das Leseverhalten der Lehrer. Fraglich ist jedoch, ob die vielen Haushaltspläne der Berliner Bezirke zu
den Zeitschriften zu zählen sind.



Positiv hervorzuheben ist, dass für die einzelnen Zeitschriften der Erscheinungsverlauf mit aufgenommen wurde, so dass
der Nutzer schnell prüfen kann, wie vollständig eine bestimmte Zeitschrift vorhanden ist. Ebenso positiv ist zu
vermerken, dass Beilagen, Vorläufer und Nachfolger der Zeitschriften aufgezählt werden. Hier wäre allerdings eine
Kennzeichnung, ob diese Beilagen (sofern sie auch gesondert erschienen sind), Vorläufer bzw. Nachfolger auch in dem
Bestandsverzeichnis aufgeführt werden, sehr nützlich. Die Kennzeichnung würde die Orientierung in dem
Bestandsverzeichnis noch weiter erleichtern.



Abschließend stellt sich angesichts der technologischen Entwicklungen jedoch die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist,
ein solches Bestandsverzeichnis heute noch in Buchform zu publizieren. Wäre nicht eine Veröffentlichung auf Diskette
oder CD oder per Internet die bessere Variante? Für die Bestände der BBF gibt es ja über den Online-Katalog die
Möglichkeit der Recherche. Schließlich gibt es ja schon seit einiger Zeit die online recherchierbare
Zeitschriftendatenbank. Einen einschlägigen Auszug davon zu erstellen dürfte also durchaus möglich sein. Gerechtfertigt
erscheint die Buchausgabe daher nur noch im Blick auf die Nutzer, die die neuen Recherchemöglichkeiten (noch) nicht
wahrnehmen. Es dürfte nur noch ein Frage der Zeit sein, bis solche gedruckten Bestandsverzeichnisse der Vergangenheit
angehören, da die elektronischen Recherchemöglichkeiten schon jetzt die Nutzungsmöglichkeiten eines gedruckten,
alphabetisch sortierten Verzeichnisses, selbst wenn es ein Register aufwiese, erheblich überschreitet. In diesem Sinne hat
man es bei dem Verzeichnis der Bestände an Zeitschriften und Zeitungen der drei ehemaligen Lehrerbüchereien mit
einem nützlichen Buch zu tun, das zugleich die Grenzen aufzeigt und ex negativo auf die neueren Entwicklungen
verweist: Es steht zu hoffen, dass das nächste Bestandsverzeichnis in elektronischer Form vorgelegt wird.

Erfassungsdatum: 16. 09. 1999
Korrekturdatum: 02. 04. 2004